Reaktion auf „Feinde des Internets“: Wir sind keine Feinde

Software herzustellen, die autoritäre Regimes zur Verletzung von Menschenrechten nutzten, ist der Vorwurf von „Reporter ohne Grenzen“. Einige Firmen reagieren.

„Reporter ohne Grenzen“ bei einer Protestaktion für Pressefreiheit in Berlin. Bild: ap

BERLIN dpa | Sicherheitsfirmen haben sich gegen den Vorwurf der Journalisten-Vereinigung „Reporter ohne Grenzen“ gewehrt, mit ihren Produkten die Überwachung von Aktivisten und Menschenrechtlern zu befördern. „Reporter ohne Grenzen“ hatte neben der IT-Sicherheitsfirmen Gamma International (UK/Deutschland) auch Trovicor (Deutschland), Hacking Team (Italien), Amesys (Frankreich) und Blue Coat (USA) auf seine jährliche Liste von "Feinden des Internets" gesetzt.

Die Firmen entwickelten Computerprogramme, die autoritäre Regimes zur Verletzung von Menschenrechten und Informationsfreiheit nutzten, lautete der Vorwurf von „Reporter ohne Grenzen“. Blue Coat will nun die eigenen Richtlinien überprüfen.

Die Mutterfirma von Amesys erklärte, die Firma habe den entsprechenden Geschäftsbereich im November 2012 verkauft. Das sei öffentlich bekannt. „Amesys ist schockiert, als 'Feind des Internets' bezeichnet zu werden, und betrachtet die Vorwürfe als gegenstandslos“, erklärte eine Sprecherin.

Das „Wall Street Journal“ hatte 2011 berichtet, Amesys habe ein Programm zur Internetüberwachung entwickelt, das in Libyen unter dem Regime von Muammar al-Gaddafi eingesetzt worden sei. Die Aktivitäten im Zusammenhang mit der „Eagle“ genannten Software wurden inzwischen von der Firma verkauft, sagte die Sprecherin.

Hacking Team überprüfe Einsatz seiner Programme

Auch die italienische Firma Hacking Team widersprach den Vorwürfen. „Wir bemühen uns sehr, sicherzustellen, dass unsere Software nicht an Regierungen verkauft wird“, die von internationalen Organisationen auf die schwarze Liste gesetzt wurde, erklärte ihr Berater Eric Rabe.

Eine Führungsgruppe bewerte jeden Verkauf und könne ihr Veto einlegen. Hacking Team überprüfe den Einsatz seiner Programme, um einer möglichen illegalen Nutzung auf die Spur zu kommen. Polizeibehörden brauchten solche Software allerdings, um gegen Internetbetrügern und Terroristen zu ermitteln.

Auch Blue Coat verwies auf legitime Kunden wie Schulen und Unternehmen, die mit Hilfe der Programme „den Zugriff auf bedenkliche Inhalte aus ihrem Netz heraus“ unterbinden. „Wir nehmen allerdings zur Kenntnis, dass es Akteure mit unlauteren Absichten gibt, und dass unsere Produkte, wie alle Technologien, für bösartige Zwecke missbraucht werden können“, teilte die Firma der dpa mit.

Erstmals Firmen auf Liste der Internetfeinde

Blue Coat dulde nicht den Einsatz seiner Produkte zur Unterdrückung von Menschenrechten. Man werde die eigenen Richtlinien überprüfen, „um den Missbrauch unserer Produkte weiter einzuschränken“. Die Firma Trovicor sagte am Montag, sie erstelle Datenbanken und keine Programme zum Eindringen in Computer.

„Reporter ohne Grenzen“ setzte mit den Sicherheitsdiensten erstmals Firmen auf seine Liste der Internetfeinde. Solche Programme dienten repressiven Regimes dazu, die Internetkommunikation weiträumig zu überwachen oder gezielt Aktivisten auszuschnüffeln, erklärte die Vereinigung. So gewonnenes Material sei in Ländern wie Bahrain bei Verhören und Folter von Aktivisten benutzt wurden, sagte Christian Mihr von „Reporter ohne Grenzen“.

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