Rassismus in Berliner Kleingärten: Nur Deutsche haben Zwerge

Weil sie „nichtdeutscher Herkunft“ sind, sollen türkeistämmige Berliner keinen Kleingarten bekommen haben.

Gartenzwerg

Bei wem darf er rumstehen? Foto: dpa

Das Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (TBB) hat einen Fall mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund bekannt gemacht. Danach haben sich „zwei türkeistämmige Familien seit Jahren vergeblich um einen Kleingarten im Bereich des Bezirksverbands der Kleingärtner Tempelhof e. V.“ bemüht. Abgelehnt habe man beide bereits im Jahr 2015, weil „man im Verein schon zu viele ‚Migranten‘ hätte“ und der „Kleingartenverein in Tempelhof eine ‚Mi­granten-Quote‘“ führe, heißt es in der Pressemitteilung vom Mittwoch.

2015 habe er Interesse an einem Garten in der Kleingartenkolonie Frieden bekundet, erzählt einer der Betroffenen der taz. Der Mann aus Kreuzberg möchte anonym bleiben. Nach seiner Bewerbung sei er zwischen Kleingartenverein und Tempelhofer Bezirksverband hin- und hergeschickt worden. Schließlich habe der Vorsitzende der Gartenkolonie geschildert, dass es „eine Mi­gran­tenquote von 20 Prozent“ gebe, die schon überschritten sei. Den Garten könne er nicht bekommen, weil er „Moslem und NDH“ sei.

„NDH“ steht für „nichtdeutscher Herkunft“. „Ich wusste erst nicht, was das bedeutet. Er sagte dann, dass ich kein ‚reinrassiger‘ Deutscher sei“, beklagt sich der Mann. Auch der Vorstand des Tempelhofer Bezirksverbandes, Norbert Gieseking, habe von einer „Migrantenquote“ gesprochen, schildert der Betroffene. Seine Frau, deutsche Staatsbürgerin, sei ebenfalls als Bewerberin abgelehnt worden, weil sie „NDH“ sei.

Und einer zweiten Betroffenen – einer Frau aus Kreuzberg, die ihren Namen nicht nennen will –, habe Gieseking erklärt, dass sie eben keine „Deutschdeutsche, sondern Deutschtürkin“ sei.

Wie Entscheidungen über die Vergabe getroffen werden, darüber konnte Gieseking auf Nachfrage keine Angaben machen. Zugleich wies er die Vorwürfe von sich. Er erzählte aber, dass sich die Mitglieder des Kleingartenvereins an ihn gewandt und sich über Personen „nichtdeutscher Herkunft“ beschwert hätten. Die Quote sei vonseiten des Kleingartenvereins genannt worden, jedoch nur informell.

Angelika Schöttler, Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, bestätigte, dass das Bezirksamt schon seit zwei Jahren mit dem Fall vertraut ist und die Angaben des Antidiskriminierungsnetzwerks zutreffend seien. Man bemühe sich darum, „Diskriminierungen im Einzelfall und strukturell abzustellen“, so Schöttler.

Weil das Engagement des Bezirksamts noch keine Wirkung gezeitigt hat, wollen die Betroffenen klagen. Bei Erfolg sei jedoch nur eine Entschädigungszahlung und kein Kleingarten gewonnen, konstatiert Kerstin Kühn vom Antidiskriminierungsnetzwerk. Der betroffenen Kreuzbergerin geht es offensichtlich um mehr: „Ich will keine Entschädigung. Ich möchte Gleichberechtigung!“

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