Prozessauftakt in München: Erneuter Missbrauch trotz Fußfessel

Ein entlassener Sexualstraftäter verging sich 2012 an einem Mädchen. Bei der Tat trug er eine elektronische Fußfessel. Jetzt steht er wieder vor Gericht.

Verhindert erneuten Missbrauch nicht: elektronische Fußfessel. Bild: dpa

FREIBURG taz | Am Münchener Landgericht hat am Mittwoch der Prozess gegen den rückfälligen Sexualstraftäter Andreas R. begonnen. Der Fall hatte im Vorjahr großes Aufsehen erregt, weil R. bei der Tat eine elektronische Fußfessel trug.

Der 41-jährige R. wurde 1999 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er seine Stieftochter sexuell missbraucht hatte. 2006 hatte er die Strafe vollständig verbüßt, doch galt er noch als gefährlich, weshalb gegen ihn nachträglich Sicherungsverwahrung angeordnet wurde.

Erst Ende 2011 wurde er aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Zuvor hatte der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung beanstandet, weil Strafurteil und Freiheitsentzug hier nicht mehr miteinander verbunden sind. Das Bundesverfassungsgericht hat in solchen Fällen allerdings den weiteren Freiheitsentzug erlaubt, wenn zugleich eine psychische Störung und eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualstraftaten besteht. Dies sah ein Straubinger Gericht im Fall von R. aber nicht gegeben.

Nach seiner Entlassung musste R. im Rahmen der Führungsaufsicht eine elektronische Fußfessel tragen. Deren GPS-Signale werden an die bundesweite Überwachungszentrale in Bad Vilbel (Hessen) übertragen. Dort wurde kontrolliert, ob R., wie aufgegeben, München nicht verließ und die Verbotszone von 500 Metern um die Wohnung seiner Stieftochter beachtete.

Zwischenzeitlich hatte R. eine Frau mit einer kleinen Tochter kennengelernt. Und obwohl er die Weisung hatte, sich von minderjährigen Mädchen fernzuhalten, übernachtete er im April 2012 in deren Wohnung. Einmal schlich er auch in das Zimmer der Siebenjährigen, fragte sie, ob sie wisse, was „ficken“ sei, streichelte sie im Brustbereich und am Po. Später vertraute sich das verstörte Kind seinem getrennt lebenden Vater an. Weil R. innerhalb weniger Jahre rückfällig wurde, gilt dies als „schwerer sexueller Missbrauch“.

Drohende Haftstrafe von einem Jahr

Auch R. war wegen seines Kontrollverlusts erschüttert, nahm eine Überdosis Medikamente und wurde wegen Suizidgefahr in die Psychiatrie gebracht. Die damit verbundenen Unregelmäßigkeiten beim GPS-Signal fielen der Überwachungszentrale auf, so dass die Polizei R. zur Rede stellte und später festnahm.

Im Prozess vor dem Münchener Landgericht droht R. nun eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr, möglicherweise auch eine erneute Anordnung von Sicherungsverwahrung. Ein Urteil wird nicht vor März erwartet.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte: „Rückfälle können niemals sicher verhindert werden.“

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