Prozess gegen spanische Gewerkschafter: Die acht Streikposten von Airbus

Mehrere Arbeitervertreter sollen bestraft werden – mit einer halbseidenen Anklage. Sie waren beim Generalstreik 2010 Streikposten.

Gewerkschafter protestieren vor dem Airbus-Sitz in Madrid gegen den Streikposten-Prozess

Solidarität mit den angeklagten Gewerkschaftern: Protest vor dem Airbus-Headquarter in Madrid. Foto: dpa

MADRID taz | „Es ist uns eine Ehre, die Würde der Arbeiter und die demokratischen Grundfreiheiten zu verteidigen“, erklärt José Alcázar Blásquez, als er das Amtsgericht in der Industriestadt Getafe, unweit von Madrid, betritt. Der 64-jährige Rentner und ehemalige Betriebsratsvorsitzende bei der spanischen Airbusfiliale wirkt hart und besorgt zugleich.

Er und sieben weitere Kollegen waren Streikposten beim Generalstreik gegen die Arbeitsmarktreform der damaligen sozialistischen Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero. Jetzt wird ihnen Widerstand gegen die Staatsgewalt und die „Verletzung der Rechte der Arbeiter“ vorgeworfen. Die acht hätten Arbeitswilligen gewaltsam den Zutritt zur Fabrik verweigert. Das Gesetz geht auf die Franco-Diktatur zurück.

Den acht Angeklagten drohen jeweils acht Jahre und drei Monate Haft. Die Verhandlung wird am Freitag enden, das Urteil frühestens in einem Monat ergehen. Zum Prozessauftakt sind Dutzende Gewerkschafter, Delegationen der Sozialistischen Partei, von Podemos und der kommunistischen Linken (IU) gekommen. Das Airbuswerk vor den Toren Getafes wird bestreikt. Mehrere tausend Menschen ziehen laut protestierend durch die Straßen.

Das Gesetz, auf dem die Anklage fußt, geht auf die Franco-Diktatur zurück

„Wir sind zufrieden mit der breiten Unterstützung, die uns zuteil wird“, sagt Alcázar, der zusammen mit seinen sieben Kollegen seit 2010 keine Ruhe gibt, um den Fall bekannt zu machen.

Der Prozess gegen die acht von Airbus – sieben von der postkommunistischen Gewerkschaft CCOO und einer von der sozialistischen UGT – ist das größte Verfahren gegen Gewerkschafter und Betriebsräte seit dem Prozess 1001, bei dem unter Franco 1973 die gesamte CCOO-Führung vor dem Richter stand. Alcázar schloss sich damals der CCOO im Untergrund an.

„Ich hoffe, dass es gut für uns ausgeht“, sagt er, bevor er auf der Anklagebank Platz nimmt. Streikbrecher und Polizisten sind als Zeugen der Anklage geladen. Sie sollen belegen, dass die Polizei richtig handelte und die Gewerkschafter gewalttätig waren. An jenem 29. September 2010 um sieben Uhr in der Früh wollten einige Mitarbeiter das Werk betreten. Es kam zu Beschimpfungen und Gerangel mit mehreren hundert Kollegen, die als Streikposten vor dem Tor standen. Die Polizei rückte an, um den Weg freizuprügeln. Einer der Polizisten zog gar die Pistole und schoss mehrmals in die Luft.

Identische Anklage

Die Betriebsräte – allen voran Alcázar – gingen dazwischen, sprachen mit dem Werksschutz und dem Leiter der Einsatzpolizei. Die Lage beruhigte sich. Mehrere Verletzte mussten vom werksärztlichen Dienst behandelt werden. Am nächsten Tag lud das Gericht Betriebsratschef Alcázar vor. Dieser meldete sich am Gericht in Begleitung mehrerer Betriebsratskollegen.

Als nächstes verlangte die Staatsanwaltschaft die Liste derer, die vom Werksarzt behandelt worden waren. Weitere Kollegen wurden verhaftet. Schließlich waren es acht. Gegen alle wurde eine völlig identische Anklage erhoben. Von Körperverletzung an exakt den gleichen Beamten ist die Rede.

„Wenn die acht verurteilt werden, wäre dies ein riesiger Rückschritt für die demokratischen Rechte in diesem Land“, beschwert sich CCOO-Generalsekretär Ignacio Fernández Toxo. Für ihn ist Airbus nur die Spitze eines Eisbergs.

„Wegen der letzten beiden Generalstreiks 2010 und 2012 wurden rund 300 Kolleginnen und Kollegen mit Bußgeldern belegt oder angeklagt“, berichtet Toxo. „Es geht nicht um ein paar Gewerkschafter, es geht um viel, viel mehr“, beendet er seine Erklärung und verschwindet im Gerichtsgebäude.

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