Proteste gegen AfD-Parteitag in Köln: Bunt, entschlossen – friedlich

Blockaden verzögern den AfD-Parteitag, später sind insgesamt 20.000 auf der Straße. Zu befürchteten Ausschreitungen kommt es nicht.

Demonstrierende mit bunten Fahnen

Es sind weniger gekommen als die erwarteten 50.000, aber der Protest ist trotzdem stark Foto: dpa

KÖLN taz | Sie konnten den Start des Bundesparteitags der AfD zwar nicht verhindern, aber zumindest deutlich erschweren: Am Samstag Morgen haben schätzungsweise rund 3.000 DemonstrantInnen Zufahrtswege rund um die Kölner Innenstadt blockiert. AfD-Abgeordnete wurden mit Konfetti, Pfeifkonzerten und Sprechchören an ihrem Tagungsort empfangen – „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ – und mussten schließlich einzeln und unter Polizeischutz zum Hotel Maritim am Heumarkt geleitet werden.

Die Erwartungen an den Tag waren hoch, die Stimmung im Vorfeld angespannt: Rund 50.000 DemonstrantInnen aus dem gesamten Bundesgebiet, so die Polizei, würden in Köln erwartet werden. Immer wieder hatte Polizeipräsident Jürgen Mathies von „gewaltbereiten Linksradikalen“ und „illegalen Aktionen“ gesprochen. Auch die taz hatte debattiert, ob man den Parteitag blockieren sollte oder nicht.

Busse mit DemonstrantInnen kamen dann tatsächlich aus Hamburg, Berlin, Freiburg und anderen Städten – von hoher Gewaltbereitschaft konnte bis zum frühen Nachmittag jedoch kaum die Rede sein. „Entgegen der von der Polizei verbreiteten Szenarien zeigen die Blockaden genau das von uns angekündigte Bild: bunt, vielfältig und entschlossen“, sagte Reiner Krause vom Bündnis „Solidarität statt Hetze“, einem der beiden großen Bündnisse, die für den Tag mobilisiert hatten.

„Wer die AfD blockieren will, muss früh aufstehen“, hatte es geheißen: Schon um sieben Uhr früh laufen DemonstrantInnen noch im Morgengrauen und Nieselregen in fünf Demozügen sternförmig in Richtung Innenstadt – begleitet von einer Übermacht aus 4.000 Polizeikräften. Helikopter kreisen über Köln, Wasserwerfer parken in den Seitenstraßen, die Reiterstaffel ist im Einsatz. Auf der gesperrten Deutzer Brücke, die die Innenstadt vom AfD-Tagungsort am Heumarktmit der anderen Rheinseite verbindet, steht Mannschaftswagen an Mannschaftswagen.

„Queers against AfD“

Auf dem Ebertplatz im Norden der Kölner Innenstadt trifft sich der LGBTI-Demozug. Plötzlich joggen rund 200 Menschen in Richtung Rheinufer am Hauptbahnhof, wo sie von einer Polizeikette empfangen werden. „Blockade am Konrad-Adenauer-Ufer“, heißt es kurz darauf auf Twitter – und daran ändert sich in den nächsten Stunden auch nichts. Die Stimmung ist gelöst.

Ein braungebrannter Mann posiert neben einem bunten Plakat, auf dem „Deutschland verrecke“ steht, und wirft den Pressefotografen einen Kussmund zu. Auf einem pinken Luftballon steht „Queers against AfD“, und in der Sitzblockade liest ein schwarz gekleideter junger Mann ein Buch von Noam Chomsky. Wer an der Blockade vorbei will, muss einen Umweg durch eine Unterführung machen.

Um kurz vor zehn ist ein lautes „Haut ab!“ zu hören – ein älterer Mann bewegt sich auf die Blockade zu und will zum Parteitag. Die Polizei geht dazwischen, rät ihm, einen anderen Weg zu nehmen. „Ich werde für Sie nicht den Weg freiprügeln“, sagt ein Bundespolizist. Der Mann flucht, beschimpft die Demonstranten als „Gesetzesbrecher“, spricht von „Nötigung“. Schließlich nimmt er den Umweg durch die Unterführung. An allen weiteren Polizeikontrollen kommt er mit seinem AfD-Mitgliedsausweis vorbei.

Felsbrocken auf dem Asphalt

Südlich des Maritims am Schokoladenmuseum haben unterdessen 200 Menschen die Straße blockiert. Ein paar Felsbrocken liegen auf dem Asphalt, trotzdem geht es diszipliniert zu. Die Demonstranten stehen zweireihig auf der Straße, die Polizei trägt keine Helme. Um kurz vor elf ruft ein junger Mann durch sein Megafon: „Der Parteitag hat angefangen!“. Kadermäßig geordnet stellen sich die DemonstrantInnen auf und ziehen in Richtung Innenstadt, um sich der Großdemo vom Heumarkt anzuschließen.

Dort kommt gegen elf Uhr die Sonne durch. Beide Bündnisse haben für diesen Platz mobilisiert, einen der größten Plätze der Stadt, und geben sich hier nun die Klinke in die Hand: Während die erste Demo des antifaschistischen Bündnisses „Köln gegen Rechts“ nach Anmelderangaben um diese Zeit mit rund 8.000 TeilnehmerInnen startet, darunter ein mehrere hunderte TeilnehmerInnen umfassender schwarzer Block, sammeln sich gleichzeitig schon die TeilnehmerInnen des bürgerlichen Bündnisses „Köln stellt sich quer“. Das Bündnis schätzt, dass sich gegen Mittag bis zu 12.000 DemonstrantInnen auf dem Heumarkt aufhalten. Linkspartei-Chefin Katja Kipping, die mit ihrer Partei beide Bündnisse unterstützt, spricht von einem „echten Erfolg der Zivilgesellschaft“.

Von Seiten der Polizei heißt es, es habe bislang zwei Ingewahrsamnahmen gegeben, außerdem Zwischenfälle wie brennende Reifen oder den Einsatz von Pfefferspray. Überwiegend sei es bisher aber friedlich geblieben.

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