Protest gegen Verkehrspolitik: Radler erobern die Stadtautobahn

In Berlin, Düsseldorf und Hamburg demonstrieren über 100.000 Radfahrer für eine bessere Infrastruktur. Sie fordern mehr Rücksicht.

Fahrraddemo

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hatte zur Fahrradsternfahrt gerufen. Foto: dpa

BERLIN taz | | Stau auf der Berliner Avus – was so normal und alltäglich klingt, war am Sonntag etwas ganz Besonderes. Denn da steckten Zehntausende Radfahrer fest und meckerten über den stockenden Verkehr. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hatte zur Fahrradsternfahrt gerufen und insgesamt kamen weit über 100.000 Radler. „Fahrradstadt Berlin – jetzt“ lautete das Motto, um eine bessere Infrastruktur für Fahrradfahrer ging es. Die Alltags-, Berufs- und Sportradfahrer kamen aus Werder, Oranienburg oder sogar aus Stettin in Polen.

Berlin ist nur ein Beispiel. Am Tag zuvor demonstrierten 2.000 Radfahrer mit einer Sternfahrt in Düsseldorf für ein fahrradfreundliches Nordrhein-Westfalen. Der ADFC fordert dort Radschnellwege und Hauptrouten quer durch die großen Städte in NRW sowie mehr Fahrradparkanlagen.

In Hamburg rechnet der ADFC für den nächsten Sonntag mit bis zu 35.000 Teilnehmern, wenn dort die Radler-Sternfahrt steigt, bei der auch sechs Fahrradgottesdienste angeboten werden. Göttlicher Beistand scheint angesichts der dürftigen Infrastruktur in vielen Regionen mehr als geboten.

In Berlin fuhren am Sonntag gewiss nicht alle Radler primär für bessere Straßenverhältnisse, vielen ging es auch einfach um Spaß und Bewegung. Isabelle Materne zum Beispiel, die zum ersten Mal dabei war, gefiel vor allem die gute Stimmung. „Bürger, lass das Auto stehen und setz dich aufs Fahrrad“, so lauteten die Sprechchöre aus den Konvois. Aus zahlreichen Lautsprechern erklang an fast jeder Ecke ein anderer Gute-Laune-Song. „Die Leute sind gut drauf, und vor allem macht das Radfahren auch einfach Spaß“, sagte Isabelle Materne. Was sie jedoch generell störe, sei, dass viele Radler keinen Helm tragen.

Bessere Fahrradwege und günstigere Schaltung

Für den Radsportler Andreas Hörich ist die Berliner Fahrradsternfahrt schon zur Tradition geworden. Die Bewegung sei ihm zwar wichtig, doch er setze sich vor allem für eine bessere Infrastruktur für Fahrradfahrer ein. „Statt viel zu engen Fahrradwegen sollte es mehr Fahrradstreifen auf der Straße geben, denn dort wird man als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer behandelt“, erklärte der 50-Jährige.

Ganz anderer Meinung war Norbert Heimann. Er wünsche sich bessere Fahrradwege in Berlin, sagte er. „Ein Problem ist natürlich auch, dass man als Fahrradfahrer immer an einer roten Ampel landet, weil die Schaltung ungünstig ist“, sagte der Freizeitradler aus Berlin-Steglitz.

Höhepunkt der Berlin-Brandenburger Radtour war für viele Beteiligte die Fahrt auf der Stadtautobahn. Hier traten selbst die kleinsten Teilnehmer ordentlich in die Pedale. Ab dem Nachmittag durften dort wieder die Autos rauschen.

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