Professor aus Sevilla kritisiert Kanzlerin: Spanischer Merkelhitler

In „El País“ verglich ein Wirtschaftsprofessor die deutsche Kanzlerin mit einem ihrer Vorgänger im Amt. Sie wolle den Banken wirtschaftlichen Lebensraum sichern.

Derzeit nicht sonderlich beliebt in Spanien: Bundeskanzlerin Angela Merkel – hier als Karrikatur auf dem Frühlingsfest „Fallas“ in Valencia. Bild: reuters

MADRID taz | Spaniens größte Tageszeitung El País nahm am Sonntag einen Meinungsartikel von der Internetseite, in der die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit Hitler verglichen wurde. Der Text „Deutschland gegen Europa“ des Wirtschaftsprofessors Juan Torres López aus Sevilla, der sich mit der deutschen Euro-Politik auseinandersetzt, war zuerst in der andalusischen Regionalausgabe erschienen.

Er sorgte für regen Verkehr in den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook. Es geht dabei vor allem um einen Satz: „Merkel hat, wie Hitler, dem Rest Europas den Krieg erklärt, diesmal um sich wirtschaftlichen Lebensraum zu sichern.“

Weiter heißt es: „Sie züchtigt uns, um ihre großen Unternehmen und ihre Banken zu schützen und um vor ihrer Wählerschaft das beschämende Modell zu verstecken, welches das Armutsniveau in ihrem Land zum höchsten der letzten 20 Jahre gemacht hat und dass 25 % der Beschäftigten weniger als 9,15 Euro die Stunde verdienen oder dass die Hälfte der Bevölkerung nur über 1 Prozent des nationalen Reichtums verfügt.“

„El País hat den Artikel zurückgezogen … weil er Behauptungen enthält, die diese Zeitung für unpassend hält“, heißt es auf der Seite der Zeitung. Der Aufsicht sei ein Fehler unterlaufen. Weitere Stellungnahmen von der Verlagsführung waren nicht zu bekommen. Autor Torres war ebenfalls nicht zu erreichen, entschuldigte sich aber auf seinem Blog.

„Ich bedauere, dass der Artikel so ausgelegt wird, als gehe es darum, Frau Merkel und Hitler zu vergleichen“, schreibt Torres. „Ich glaube, dass diese Auslegung dazu dient, vom eigentlichen Ziel meines Artikels abzulenken“, fügt er hinzu.

Deutsche Großbanken und die Finanzkrise

Der Text analysiert auf eineinhalb Schreibmaschinenseiten die Mitverantwortung der deutschen Großbanken an der Finanzkrise in Europa. Diese hätten ihre riesigen Vermögen, über die sie dank der immer ungleicheren Reichtumsverteilung in Deutschland verfügen, genutzt, um, „statt den internen Markt zu verbessern und die niedrigen Einkommen zu begünstigen, die Schulden der irischen Banken, die spanische Immobilienblase und die Verschuldung der griechischen Unternehmen zu finanzieren“.

Sie hätten spekuliert, „was dazu führte, dass die Privatverschuldung in den europäischen Randregionen explodierte und die deutschen Banken 2009 auf toxischen Aktivposten von 900 Milliarden Euro saßen“. Torres argumentiert, dass Merkels Politik einzig das Ziel habe, mittels der Eurorettungspakete „den Regierungen Darlehen zu geben, die vom Volk abbezahlt und an die einheimischen Banken weitergereicht werden … damit diese unverzüglich die deutschen Banken bezahlen“.

Der Artikel resümiert: „Die Tragödie ist die Übereinstimmung der paneuropäischen Finanzinteressen, die unsere Regierungen dominieren, die uns verraten, statt uns zu verteidigen, um als reine Statisten Merkels zu agieren.“ Viele interpretierten auf Twitter die Selbstzensur von El País als einen weiteren Kniefall vor der mehr als unbeliebten Merkel.

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