Presserecht für Prominente: Mehr Schutz für Kachelmann und Co.

Dürfen Namen von Promis, gegen die ermittelt wird, von den Medien verbreitet werden? Der Deutsche Juristentag diskutiert nun darüber.

Jörg Kachelmann, schräg hinter ihm läuft ein Kameramann

„Ein bekannter Wettermoderator“ wäre laut Gutachten genauso verboten wie „Jörg Kachelmann“ Foto: dpa

Prominente Beschuldigte im Strafverfahren sollen künftig besser vor den Medien geschützt werden. Das fordert der Düsseldorfer Rechtsprofessor Karsten Altenhain in einem Gutachten für den Deutschen Juristentag, der am Dienstag in Essen beginnt.

Die „Öffentlichkeit im Strafverfahren“ ist das Thema der strafrechtlichen Abteilung des Juristentags. Dabei geht es nicht nur um Kameras im Gerichtsaal, die Justizminister Heiko Maas bei Urteilen von Bundesgerichten zulassen will. Gutachter Altenhain konzentriert sich eher auf das Ermittlungsverfahren, also die Phase, die mit Anklage oder Einstellung endet.

Bisher gelten dort nur die allgemeinen Regeln der Landespressegesetze. Journalisten haben danach grundsätzlich Anspruch auf Auskunft – es sei denn, ein „schutzwürdiges privates Interesse“ würde verletzt. In der Praxis bestätigen die Staatsanwaltschaften den Namen eines Beschuldigten, wenn dieser bereits öffentlich bekannt ist oder wenn es sich um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

Die Beschuldigten im Strafverfahren würden so aber nicht genügend geschützt, glaubt Altenhain. Es bestehe die Gefahr der Vorverurteilung. Zwar könne die Justiz nichts dafür, wenn rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung im Publikum nur mangelhaft verankert sind. Dennoch müssten die Betroffenen davor geschützt werden, dass ihr Name vorschnell bekannt wird. Dies müsse auch für Informationen gelten, die eine Identifikation leicht machen (zum Beispiel die Formulierung „ein bekannter Wettermoderator“ für Jörg Kachelmann).

Neuer Paragraph gefordert

Altenhain schlägt nun einen neuen Paragrafen in der Strafprozessordnung vor (§ 457a). Danach dürfte die Staatsanwaltschaft den Namen eines Beschuldigten den Medien nur mitteilen, wenn der Betroffene einverstanden ist oder wenn der Name bereits bekannt ist (zum Beispiel weil das Opfer der Straftat an die Presse ging). Nicht ausreichen soll, dass es sich um eine prominente Person handelt. Das wäre das „Prinzip der Boulevardzeitung“, kritisiert Jurist Altenhain.

Zwar sei auch die unterhaltende Berichterstattung über das Leben der Stars von der Pressefreiheit geschützt, Medien können also über Strafverfahren gegen Promis schreiben, wenn sie davon erfahren. Dies bedeute aber nicht, so Altenhain, dass der Staat den Medien die Informationen hierzu liefern muss. Das Auskunftsrecht der Presse in Strafverfahren habe aber eine andere Funktion, es solle die öffentliche Kontrolle der staatlichen Justiz ermöglichen. Diese Kontrolle sei bei Prominenten jedoch nicht dringlicher als bei sonstigen Beschuldigten, argumentiert der Gutachter.

Bislang sei die Gefahr groß, dass Prominente im Strafverfahren vorverurteilt werden

Die Regeln sollen nicht nur für die Beantwortung von Presseanfragen gelten, sondern auch für Mitteilungen der Staatsanwaltschaft aus eigener Initiative. Eine selbständige Öffentlichkeitsarbeit der Ermittler gibt es zwar schon lange, doch ist sie bisher gar nicht gesetzlich geregelt, auch nicht in den Pressegesetzen. Altenhain hält sie zum Beispiel für sinnvoll, um Fehlinformationen zu korrigieren, etwa dass ein Brand gar nicht durch Brandstiftung verursacht wurde. Auch wenn die Staatsanwaltschaft polemisch kritisiert wird, dürfe sie reagieren, aber nur sachlich, sie habe kein „Recht zum Gegenschlag“.

Der Juristentag existiert seit 1860 und tagt in der Regel alle zwei Jahre, um rechtspolitische Empfehlungen zu beraten. An der Veranstaltung nehmen jeweils rund 3.000 Anwälte, Richter, Staatsanwälte, Wirtschafts- und Verwaltungsjuristen sowie Rechtswissenschaftler teil.

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