Preis der Nationalgalerie für Junge Kunst: Kritische Stimmen

Die Preisträgerin und ihre Mitnominierten schlagen Änderungen bei der Vergabe des Preis der Nationalgalerie vor. Warum sie Honorare fordern.

Vier Frauen stehen vor der Aufschrift „Preis der Nationalgalerie“

Jumana Manna, Sol Calero, Agnieszka Polska und Iman Issa bei der Preisverleihung Foto: dpa

Überraschend haben die vier Künstlerinnen der Shortlist 2017 für den Preis der Nationalgalerie am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. In dem englischsprachigen Text, den wir hier in unserer Übersetzung referieren, benennen Agnieszka Polska, die diesjährige Preisträgerin und die Nominierten Sol Calero, Iman Issas und Jumana Manna drei problematische Aspekte des Preises und schlagen entsprechende Verfahrensänderungen vor.

Zunächst finden sie es befremdlich, dass in den Presseerklärungen und öffentlichen Verlautbarungen seitens der Nationalgalerie, der Freunde der Nationalgalerie und des Sponsors BWM, ihr Geschlechts und ihrer Nationalität − sie stammen aus Polen, Venezuela, Ägypten und den USA – mehr Beachtung erhalten habe als ihre Arbeit.

Sie glauben, dass dieses sich selbst Beglückwünschen − zu einem Stück mehr Geschlechtergerechtigkeit und weniger Eurozentrismus − letztlich nur die sehr ernst zu nehmende, weil systemisch verankerte, mangelnde Chancengleichheit im Kunstbetrieb verschleiere.

Engagement für mehr Vielfalt auch im Alltag

Es sei also notwendig, sagen die Autorinnen, dieses Engagement für mehr Vielfalt nicht nur bei herausgehobenen Veranstaltungen, sondern im Alltag der Institutionen und Organisationen zu pflegen.

Weiter scheint ihnen, als diene die eigentliche Verleihung mehr der Feier des Sponsors und der Institution als den KünstlerInnen und deren Werk. Erst nach einer endlosen Reihe von Ansprachen und Auftritten sei der Preis in einer Art großer Enthüllung bekannt gegeben worden, die sie als völlig unangemessen betrachten.

Ihrer Meinung nach haben Konventionen, die bei Preisvergaben im Unternehmensbereich und der Unterhaltungsindustrie funktionieren mögen, im Bereich der Kunst nichts zu suchen. Die Inszenierung der Preisvergabe sollte nicht den Eindruck einer Konkurrenz zwischen den KünstlerInnen erwecken, die so gar nicht existiert. Denn das bedeute künstliche Hindernisse für die Solidarität und gegenseitige Unterstützung von KünstlerInnen aufzubauen.

Agnieszka Polska, Sol Calero, ImanIssa und Jumana Manna schlagen daher vor, die Bekanntgabe des Preises an den Anfang der Feier zu stellen, damit unmissverständlich die Preisträgerin mit ihrer, beziehungsweise der Preisträger mit seiner Arbeit im Zentrum steht.

Es müssen Honorare bezahlt werden

Schlussendlich sind die Künstlerinnen der Meinung, dass Honorare gezahlt werden müssten, sowohl bei der Nominierten-Ausstellung wie für Künstlergespräche und Paneldiskussionen. Die KünstlerInnen trügen entscheidend zum Prestige des Preises bei und sollten daher für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden.

All das sei aber beim Preis der Nationalgalerie nicht der Fall, der die eingeladenen KünstlerInnen nur mit dem Versprechen der Sichtbarkeit belohne. Es gebe die unausgesprochene Annahme, der Markt entschädige sie sowieso durch höhere Preise dank der Nominierung oder dem Gewinn des Preises der Nationalgalerie.

Das aber sei keineswegs immer der Fall. Und die Annahme, Künstler arbeiteten für ihre Ausstellung, verfestige letztlich die unklaren Bezahlstrukturen im Kunstbetrieb und erweitere die Macht des kommerziellen Sektors.

Inzwischen hat die Nationalgalerie die Erklärung der Künstlerinnen begrüßt und verlautbart, dass die angesprochenen Aspekte ernst genommen würden.

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