Präsidentschaftswahl in Frankreich: Konservative wollen das Desaster

Alain Juppé möchte nicht als Fillon-Ersatz einspringen. Wer also wird beim ersten Durchgang der Wahl das konservative Lager vertreten?

Alain Juppé und Francois Fillon in einer Menschenmenge

Alain Juppé (rechts oben) bleibt im Hintergrund, aber Francois Fillon dürfte das nicht mehr retten Foto: reuters

PARIS taz | In Bordeaux hat der gegenwärtige Bürgermeister und frühere Premierminister Alain Juppé die letzten Hoffnungen vieler Parteikollegen bei Les Républicains zerstört. Er werde nicht als Ersatzmann für FrançoisFillon bei den Präsidentschaftswahlen antreten, erklärte er. Dazu sei es „definitiv zu spät“. Zuvor hatte er bedauert, der Kandidat Fillon habe angesichts der günstigen Ausgangslage „einen Boulevard“ für einen fast sicheren Sieg vor sich gehabt.

Durch die gerichtlichen Ermittlungen und seine Rechtsfertigungsversuche aber befinde sich Fillon jetzt in einer „Sackgasse“. Und durch seine Uneinsichtigkeit und seinen „Starrsinn“ habe er die Sache noch weiter kompliziert und zuletzt mit seiner Kundgebung am Sonntag auch noch die ihm verbliebenen Anhänger „radikalisiert“, um so jeden Ausweg zu blockieren.

Juppé sieht keine Möglichkeit mehr, in dieser vertrackten Situation das bürgerliche-rechte Lager noch hinter sich zu vereinen. Und außerdem habe er auch nicht die geringste Lust, wie vor ihm Fillon von Verleumdern attackiert zu werden. Er spielte mit dieser bitteren Bemerkung auf seine Vergangenheit an.

Er war wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre in der Zeit von Präsident Chirac verurteilt, vom Vorwurf einer persönlichen Bereicherung aber freigesprochen worden. Offen ließ Juppé, wen er denn jetzt bei den Wahlen unterstützen werde. Er versuchte gar nicht erst, seinen Pessimismus zu verbergen.

Penelopegate vergeht nicht einfach

Wer wird beim ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahlen am 23. April das konservative Lager vertreten? Wird es nicht nur einen, sondern am Ende zwei oder drei Kandidaten geben? Das wäre noch vor einigen Wochen eine absurde Frage gewesen, hatten doch die Sympathisanten im November bei offenen Vorwahlen mit einer klaren Mehrheit den früheren Premierminister François Fillon nominiert.

Doch er ist bei einem guten Teil seiner Wählerschaft und erst recht in der öffentlichen Meinung durch die „Penelopegate“-Affäre so diskreditiert, dass ihm nur noch sehr geringe Chancen für eine Teilnahme an der Stichwahl eingeräumt werden. Bis zum Wochenende waren darum bereits zahlreiche Parteikollegen und nicht zuletzt die wichtigsten Mitglieder seiner Kampagne von ihm abgerückt. Die meisten hatten noch gehofft, dass Fillon von sich aus auf seine problematisch gewordene Präsidentschaftskandidatur verzichten und dem laut Umfragen aussichtsreicheren Alain Juppé den Vortritt lassen würde.

Doch Fillon denkt nicht daran. Er bezeichnet sich als Opfer böswilliger Attacken und räumt allenfalls ein, er habe Fehler gemacht bei seinen Rechtfertigungsversuchen und bei der Verteidigung seiner Frau Penelope, die er während vielen Jahren ohne sichtbare Beweise für eine reelle Arbeit aus öffentlichen Mitteln als parlamentarische Assistentin bezahlt hatte.

Kompromiss: ein Nachfolger seiner Wahl

Alles Zureden und Drohen half offenbar gar nichts. Fillon kündigte am Sonntagabend an, er werde persönlich an der Krisensitzung teilnehmen, welche die Parteiführung für den Montagabend eilends einberufen hatte. Seit Sonntag schon verhandelte Expräsident Nico­las Sarkozy mit zahlreichen Kontakten hinter den Kulissen über einen Ausweg. Vor dem für 18 Uhr anberaumten Treffen der Parteispitze war allerdings noch kein Notausgang gefunden worden.

Sarkozy wollte zuerst Fillon und Juppé zu einer gemeinsamen und versöhnlichen Begegnung bewegen. Natürlich gab es auch Gerüchte, wonach der 2012 abgewählte Staatschef, der sich vergeblich um die Nominierung für 2017 bemüht hatte, womöglich selber bereit wäre, die Chance für eine Kandidatur beim Schopf zu packen.

Nachdem Fillon weiter alles blockiert und Juppé eine Kandidatur ausschließt, ließ Sarkozy die Idee zirkulieren, Fillon solle einen „Nachfolger seiner Wahl“ finden, um so einen „ehrenvollen Abgang“ zu bekommen. Als Anwärter dafür war der ihm nahestehende Exinnenminister François Baroin im Gerede.

Nicht infrage kommen soll jemand aus den eigenen Reihen, der dann als Konkurrent gegen Fillon antritt. Zwar gibt es den Präzedenzfall der Wahlen von 1995, als mit Edouard Balladur und Jacques Chirac zwei Mitglieder der gaullistischen Partei antraten. Doch heute ist angesichts der drohenden Rechten mit Marine Le Pen die Situation grundlegend anders.

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