Politischer Aschermittwoch von Pegida: Rechte Hetzer sind zerstritten

Ein von Pegida geplantes Plattformtreffen im sächsischen Nentmannsdorf wird zur Poggenburg-Show. Die rechte Vernetzung scheiterte.

Andre Poggenburg, Vorsitzender der Partei Aufbruch deutscher Patrioten (AdP), spricht auf einer Bühne bei der Aschermittwochsveranstaltung seiner Partei

Nach dem Parteiaustritt setzt der Ex-AfDler André Poggenburg auf seine sächsischen Anhänger Foto: dpa

NENTMANNSDORF taz | André Poggenburg tut alles, seinem Gesinnungskumpan Björn Höcke den inoffiziellen Titel „Gröhad“ streitig zu machen. Poggenburg gerierte sich als „Größter Hetzer aller Deutschen“ beim „konservativ-patriotischen Aschermittwoch“ in Nentmannsdorf unweit vom sächsischen Pirna, der in diesem Jahr nicht mehr von der AfD, sondern von Pegida und André Poggenburgs „Aufbruch deutscher Patrioten“ (ADP) veranstaltet wurde.

Von 500 fanatisierten Gästen bejubelt, brüllte Poggenburg seine Beschimpfungsorgie. Für die „Staatsschädlinge“ in der Regierung wünscht er sich etwa „einen jüngsten Tag des Volksgerichts, um sie unschädlich zu machen“. Es folgen weitere wüste Beleidigungen für verschiedene Politikerinnen – die „schwarzen gottlosen Weiber“ an der CDU-Spitze – bis hin zur schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, die er als „Rotzgöre“ diffamierte.

Die Umstände dieses zweiten Nentmannsdorfer Schimpffestes sind pikant: Pegida-Chef Lutz Bachmann hatte eigentlich eine Art Plattformtreffen aller konservativen patriotischen Kräfte angekündigt. Er wollte sie alle vereinen, von seiner Pegida über die AfD bis zu den Freien Wählern. Denn er sorgte sich um Konkurrenten, die eigentlich alle ihr Land lieben, aber „in ähnlichen Revieren wildern“, wie er vorab in Dresden gesagt hatte.

In Nentmannsdorf verzichtete er jedoch überraschend auf eine Rede; man sah ihn nur kurz draußen vor der Halle am Solarpark herumspringen. Den Grund hatte Bachmann vorab in einem YouTube-Video verkündet: Er wisse um die abschreckende Wirkung seiner Person und wolle diesen patriotischen Gipfel nicht mit seiner Rede behindern.

Sächsische AfD geht auf Distanz zu Pegida

Doch seine Bemühungen blieben wirkungslos. Denn die sächsische AfD geht, dem Bundesvorstand gehorsam, neuerdings wieder auf Distanz zu Pegida. Die Freien Wähler hatten gar nicht erst auf die Einladung reagiert.

Beim Politischen Aschermittwoch in Nentmannsdorf dominierte Poggenburgs „Aufbruch deutscher Patrioten“ (ADP), eine AfD-Abspaltung vom Januar, welche zusammen mit Bachmann eingeladen hatte. Poggenburg war im Vorjahr beim Politischen Aschermittwoch der AfD mit einer Äußerung zu „Kümmeltürken und Kameltreiber“ entgleist. Das hatte damals seine Isolation sogar in der AfD befördert, den Austritt vollzog er im Januar 2019 selbst.

„Wir brauchen Pegida, um der AfD Stimmen abzujagen“, hatte Poggenburg am 9. Februar in Meißen getönt, als seine ADP die kleine „Sächsische Volkspartei“ schluckte. Poggenburg und sein Gehilfe Egbert Ermer übernahmen nun in Nentmannsdorf die Regie und stellten sich lautstark an die Spitze eines fiktiven patriotischen Bündnisses. Unterstützt wird dieses aber nur von der vom Verfassungsschutz observierten Vereinigung „Pro Chemnitz“.

Differenzen hatte es außerdem über die Zulassung von Journalisten gegeben, die Bachmann von der Veranstaltung komplett ausschließen wollte, während der ADP locker mit ihnen umgeht.

Ein sichtlich irritiertes Kamel läuft ein

Den Zechern und Brüllern in der Halle – großteils Herren jenseits der 50 – aber war gleich, wer sie anheizte. Egbert Ermer im hochgeschlossenen Mao-Jackett klaute bei seiner ehemaligen Altpartei AfD, als er rief: „Wir werden diese Altparteien jagen, bis wir unser Land zurückgeholt haben!“. Ein Möchtegern-Comedian bemühte sich, einen Autonomen aus Leipzig-Connewitz zu imitieren. Unter Anspielung auf Poggenburgs Vorjahresrede wurde sogar ein von der Szenerie sichtlich irritiertes echtes Kamel in die Halle geführt.

Nach seinem Parteiaustritt setzt der aus Sachsen-Anhalt stammende ehemalige AfD-Landes- und Fraktionschef Poggenburg nun auf seine sächsischen Anhänger. In der Sächsischen Schweiz oder im Raum Zwickau gibt es relevante Unterstützung und Überläufer zur ADP. Pegida wiederum ist in diesem Spiel jedoch nur noch ein Ball und berauscht sich auf solchen Widerstandspartys an kollektiven Hassrufen. Ginge es nach Martin Kohlmann von „Pro Chemnitz“, der ebenfalls dort sprach, dann regierten sie bald das nach einem Säxit autonome Sachsen.

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