Podemos-Problem Glaubwürdigkeit: Spaniens Linke und der Luxus

Zwei Amtsträger von Podemos, die eine Villa gekauft haben, sorgen für Diskussionen. Jetzt soll die Basis sagen, ob sie in ihren Ämtern bleiben dürfen.

Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias und die Fraktionssprecherin der Partei Irene Montero

In Erklärungsnot: Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias und die Fraktionssprecherin der Partei Irene Montero Foto: reuters

MADRID taz | Dürfen Podemos-Politiker eine 600.000 Euro teure Villa kaufen? Diese Frage bewegt seit Ende vergangener Woche ganz Spanien und insbesondere die 5 Millionen Wähler der jungen linksalternativen Partei sowie die knapp 500.000 für Urabstimmungen Eingeschriebenen.

Der Grund: Der Politikprofessor und Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias und seine Lebensgefährtin, die Podemos-Fraktionssprecherin Irene Montero, haben sich in einem Luxusvorort von Madrid ein 2.352 m² großes Grundstück mit einem Haus samt Gästehäuschen und Schwimmbecken gekauft. Dort wollen sie – in Ruhe vor den Pressefotografen – ihre Zwillinge aufziehen, die demnächst zur Welt kommen.

Die beiden haben einen Kredit von 540.000 Euro auf 30 Jahre aufgenommen. Eine Menge Geld für zwei Politiker, die – so die Podemos-Regel – als Parlamentarier nur das Dreifache des spanischen Mindestlohns von 825 Euro pro Monat verdienen. Iglesias hat zudem Einkünfte als Autor und Produzent von Fernsehprogrammen.

Jetzt soll die Basis abstimmen, ob die beiden weiter Podemos als Generalsekretär und Fraktionssprecherin vertreten können. Iglesias und Montero kündigten dies am Samstag auf einer Pressekonferenz an.

Es geht ums Prinzip

Dabei geht es ums Prinzip und die Glaubwürdigkeit der Partei. Podemos trat vor vier Jahren an, um die alte Politik zu beerdigen. Es war Iglesias, der dem ehemaligen konservativen Wirtschaftsminister und jetzigen Mitglied im Vorstand der Europäischen Zentralbank, Luis de Guindos, einen teuren Wohnungskauf ankreidete. „Würdest du die Wirtschaftspolitik des Landes jemandem anvertrauen, der 600.000 Euro für eine Wohnung mit Dachterrasse ausgibt?“, fragte er auf Twitter.

Es waren die Jahre der Krise und der völligen Enttäuschung über die Politiker. Die Bewegung prägte den Slogan „Nein, sie vertreten uns nicht“. Als Podemos 2015 ins Parlament einzog, riefen begeisterte Anhänger: „Ja, sie vertreten uns!“

Podemos habe „die Emotionen eines Landes aus der häuslichen Intimität auf die Straße und ins Parlament getragen“, schreibt die Autorin Lucía Méndez. „Du kannst deinen Abgeordneten keine Lohnbeschränkung auferlegen, damit sie sich nicht von den Bürgern entfernen und dann wie die privilegierte Minderheit leben“, schreibt Journalist Antonio Maestre.

Aus den eigenen Reihen meldet sich der Bürgermeister von Cádiz, José María González, zu Wort: „Die Idee war, nicht wie die Kaste zu sein.“ Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau,würde „nie ein Haus wie das von Iglesias und Montero kaufen“.

„Verdammte Rote“

Nur das enge Umfeld von Iglesias verteidigt ihn und schreibt die Debatte einer „Offensive der reaktionären Presse“ zu. „Verdammte Rote, die nicht unter Brücken schlafen“, twittert Parteimitbegründer und Politikprofessor Juan Carlos Monedero zynisch. Und der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon fordert die spanischen „Ungehorsamen“ auf, „an der Seite eurer Führer zu bleiben“.

Iglesias und Montero werden das Parteiplebiszit kaum verlieren, abgestraft werden sie sicher. Diejenigen, die auf dem letzten Kongress die ursprüngliche Parteilinie, die zwischen oben und unten unterscheidet, verteidigten und unterlagen, erinnern sich, wie Iglesias und die Seinen ihre neue, der traditionellen Linken ähnelnde, Linie durchdrückten. Der Flügel um Iglesias sei „die Arbeiterklasse“, die um den Spitzenkandidaten in der Hauptstadtregion Madrid, Iñigo Errejón, „kleinbürgerlich“.

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