Pflege von Demenzkranken: Keine „echten“ Daten

Gesundheitsminister Daniel Bahr bekennt sich zur Besserstellung von Demenzkranken in der Pflegeversicherung – und koffert gegen die Krankenkassen.

Solche Angebote sind rar: Szene aus dem Tanzcafé demenz in Schwerin. Bild: dpa

BERLIN taz | In der Debatte über die Gleichstellung von Demenzkranken in der gesetzlichen Pflegeversicherung hat sich Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nun öffentlich positioniert. „Es ist nötig, dass wir den besonderen Betreuungsaufwand von Demenz und psychischen Krankheiten berücksichtigen“, sagte Bahr am Freitag auf einer Veranstaltung des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) in Berlin.

Die derzeit im Leistungsrecht gültige Definition von Pflegebedürftigkeit, die lediglich die Einschränkung körperlicher, nicht aber geistiger Fähigkeiten berücksichtigt, müsse deshalb „korrigiert“ werden, sagte Bahr. Es sei Schuld der Krankenkassen, so Bahr, dass der von ihm im März 2012 eingesetzte Expertenbeirat in dieser Frage bislang keinen Schritt vorangekommen sei. Deren Vertreter im Pflegebeirat hätten zusätzliche „ellenlange Studien“ gefordert, „weil sie kein Ergebnis mehr wollten in dieser Legislaturperiode“, so Bahr. Nun könne der Pflegebedürftigkeitsbegriff erst in der nächsten Legislaturperiode kommen.

„Schuldzuweisungen helfen den Pflegebedürftigen nicht“, konterte der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Florian Lanz. Es müsse vielmehr darum gehen, darüber zu reden, wie die Versorgung verbessert wird.

Der Bremer Professor für Gesundheitsökonomie, Heinz Rothgang, der dem Pflegebeirat der Bundesregierung seit 2006 angehört, sagte der taz, die Krankenkassen hätten mit ihrer Forderung nach weiteren Studien nicht Unrecht: „Die empirische Grundlage ist dünn“, so Rothgang. Insbesondere im ambulanten Pflege-Bereich gebe es ein „konzeptionelles Problem“, zu messen, wie viel Hilfe gebraucht werde.

„Man muss dazu die Pflegedienste bei ihrer Arbeit beobachten und die Angehörigen fragen“, so Rothgang. Derzeit basierten die Berechnungen des Pflegebeirats hierzu auf 48 Fällen. „Da kann man schon argumentieren, wir brauchen mehr Empirie.“ Auch für den stationären Bereich lägen keine „echten“ Daten vor, sondern „nur nachträgliche Modellierungen der Effekte eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, die auf bereits 2001 erhobene Daten zurück greifen.“

Bedauerlich sei, dass trotz Forderungen nach breiterer Versorgungsforschung, die bereits 2009 vom Pflegebeirat erhoben worden seien, bislang noch von keiner Regierung Forschungsaufträge in Auftrag gegeben worden seien.

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