Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat: Klage für mehr Transparenz

Glyphosat-Mischungen sind oft giftiger als das Herbizid selbst und ihre Zulassungsverfahren sind intransparent. Campact klagt nun dagegen.

Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält

Enthält Glyphosat – ist dieses Unkrautvernichtungsmittel noch schlimmer als reines Glyphosat? Foto: dpa

BERLIN taz | Campact klagt für mehr Transparenz beim Zulassungsverfahren von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln. Die Klage bildet den vorläufigen Höhepunkt eines Streits mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Dieses weigert sich laut Campact, Informationen über Zulassungsverfahren entsprechender Pestizide herauszugeben.

Bereits im März 2018 hatte der Verein, der sich als Bürgerbewegung versteht, unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz Einsicht in die Antragsunterlagen gefordert. Das BVL hat dies im Dezember endgültig abgewiesen, nun soll das Verwaltungsgericht Braunschweig für Klärung sorgen.

„Wenn Glyphosat schon durch den Alleingang von Herrn Schmidt im Umlauf bleibt, dann wollen wir wenigstens wissen, was genau in den Pflanzenschutzmitteln ist und von welchen Herstellern sie stammen“, sagte Matthias Flieder von Campact der taz. Dabei bezog er sich auf den ehemaligen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), dessen Votum auf EU-Ebene 2017 die Zulassung für weitere fünf Jahre ermöglicht hatte.

Unklarheit über toxische Beistoffe

Während in Brüssel grundsätzlich über den Wirkstoff entschieden wurde, obliegt die Genehmigung der einzelnen glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel den EU-Staaten. In Deutschland prüft das BVL, das über die Gefahren für Mensch und Umwelt befindet, die einzelnen Anträge. Derzeit liegen der Behörde Zulassungsanträge für 28 glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel vor. Welche Beistoffe diese Mittel enthalten, von welchen Herstellern sie stammen und welche Studien ihre Eignung belegen – all das lege die Behörde nur unzureichend offen, meint Campact.

Rückenwind erhält der Verein mit seiner Forderung auch aus dem Bereich der Wissenschaft. „Es ist ein Skandal, dass gewisse Mittel tonnenweise zum Einsatz kommen, ohne dass die Bevölkerung genau weiß, was tatsächlich in den Pflanzenschutzmitteln steckt“, meint Johann Zaller, Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien. „Ein Pestizid besteht immer aus dem Wirkstoff, hier Glyphosat, und mehreren Beistoffen, wovon es in Deutschland über 1.600 gibt. Einige seien völlig harmlos, andere supertoxisch“. Dass die Bevölkerung ein Interesse daran habe zu erfahren, um welche Stoffe es sich handelt, sei nur gerechtfertigt.

Auch Campact stützt sich im Prozess auf das rechtmäßige Interesse der Bevölkerung. „Wir haben den Weg der Klage empfohlen, weil es sich bei den begehrten Unterlagen um Umweltinformationen über Emissionen handelt, die herauszugeben sind. Jedenfalls wiegt das öffentliche Interesse hier schwerer als die vom BVL angeführten Geschäftsgeheimnisse der Hersteller“, erläutert Michéle John, die von Campact beauftragte Anwältin, in einer Pressemitteilung.

Gerichtsentscheid mit Signalwirkung

Das BVL verwies auf Anfrage der taz auf die veröffentlichten Berichte zu den getesteten Pflanzenschutzmitteln, man führe zudem toxikologische Tests durch. Einer Herausgabe weiterer Informationen über das Zulassungsverfahren stünden „gesetzliche Ausschlussgründe“ entgegen, etwa „zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, geistigem Eigentum oder auch zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses“.

Eine mögliche Signalwirkung könnte von einem Gerichtsentscheid in Lyon ausgehen. Ein Umweltverband hat dort erfolgreich darauf geklagt, das Bayer-Pestizid Roundup Pro 360 zu verbieten, obwohl dieses von der entsprechenden Behörde zugelassen war. Wissenschaftliche Studien wiesen auf eine umweltschädliche sowie potenziell krebserregende Wirkung hin, begründete das Gericht seine Entscheidung. Dass das Pestizid deutlich giftiger ist als Glyphosat, sei dabei auf seine Mischung mit toxischen Beistoffen zurückzuführen.

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