Pferdefleisch-Skandal: Rumänien beschuldigt Frankreich

Rumäniens Premier Victor Ponta weist die Verantwortung seines Landes im Pferdefleischskandal zurück. In Frankreich wurden die betroffenen Unternehmen kontrolliert.

Auf Pferden wird in Rumänien auch geritten. Bild: dpa

BUKAREST/PARIS/LONDON dpa/afp | Im europäischen Pferdefleisch-Skandal hat Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta die Schuldigen in Frankreich ausgemacht. Dies sagte Ponta am Montag kurz vor einem Besuch im Landwirtschaftsministerium in Bukarest, wo er über den Skandal beraten wollte, wie die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax berichtete. Das fälschlich als Rind deklarierte Pferdefleisch in Lasagne-Gerichten in Großbritannien soll laut Berichten aus London aus Rumänien stammen.

Der Tiefkühlkonzern Findus hatte vergangene Woche mehrere Tiefkühlgerichte in Großbritannien, Frankreich und Schweden vom Markt genommen. In Großbritannien hatten Tests zuvor ergeben, dass tiefgefrorene Lasagne Pferdefleisch und nicht wie auf der Verpackung angegeben Rindfleisch enthielt. Der französische Produzent Comigel hatte das Fleisch von einem Betrieb aus Frankreich erhalten, der dieses nach eigenen Angaben aus Rumänien bezog.

Es fehle gerade noch, „dass unsere Produzenten, vor allem jene für Fleisch, an den Pranger gestellt werden, weil jemand in Frankreich die Daten über die Herkunft verändert hat“, sagte Ponta. „Wir müssen uns um etwas sehr Wichtiges kümmern, nämlich darum, ob wir zulassen, dass Rumänien die Schuld an einem Konflikt zwischen Großbritannien und Frankreich zugeschoben wird.“

Noch am Vortag hatte sich Staatspräsident Traian Basescu besorgt über das Image seines Landes geäußert, sollte sich herausstellen, dass rumänische Pferdefleisch-Exporteure ihre Ware falsch deklariert haben. Der bürgerliche Basescu und der Sozialist Ponta sind politische Gegner.

Unterdessen wartete das Landwirtschaftsministerium in Bukarest auf weitere Informationen seitens der französischen Veterinärbehörden und der EU-Kommission, die helfen sollen, die mögliche Verwicklung rumänischer Produzenten in den Skandal zu klären. Bereits am Samstag hatte das Ministerium Untersuchungen bei zwei verdächtigen Schlachthöfen angeordnet. Einer dieser Betriebe sei vermutlich nicht der Etikettenschwindler, weil er ausschließlich Pferdefleisch in EU-Staaten exportiere – und dies offen und offiziell.

Der Importeur als „Komplize“

Der Chef des rumänischen Lebensmittelverbands, Dragos Frumoso, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei angesichts von Kontrollen schwer vorstellbar, dass ein rumänisches Schlachthaus Pferdefleisch falsch als Rindfleisch deklariert habe. Es sei zudem Aufgabe des französischen Importeurs, die Qualität des Fleischs zu überprüfen. Wenn dieser dann keine Einwände vorbringe, sei er entweder ein „Komplize“ oder habe selbst das Fleisch umetikettiert.

Nach Angaben der rumänischen Lebensmittelindustrie verarbeiten drei große Schlachthöfe in Rumänien Pferdefleisch und liefern einen Großteil davon ins Ausland – unter anderem nach Frankreich und Italien. Die französische Regierung berief angesichts des Lebensmittelskandals für Montagabend ein Krisentreffen ein. Sowohl Findus als auch der französische Importeur des rumänischen Fleischs kündigten rechtliche Schritte an. Auch Comigel behielt sich vor, zu klagen.

Die französische Anti-Betrugsbehörde hat am Montag den Firmensitz von mehreren Unternehmen in Frankreich kontrolliert. Räumlichkeiten der Firma Comigel in Metz sowie der Firma Spanghero in Südwestfrankreich würden unter anderem inspiziert, hieß es aus Ermittlerkreisen. Weitere Angaben zu anderen betroffenen Firmen wurden wegen laufender Ermittlungen zunächst nicht gemacht.

Der britische Umweltminister wil das Parlament am Montag über die weiteren Entwicklungen informieren. Owen Paterson sprach von einem „Betrug am Verbraucher“. Der Skandal scheine weite Teile Europas einzuschließen. Paterson vermutet dahinter eine „weitreichende kriminelle Verschwörung“. Berichte aus Frankreich weisen seinen Angaben zufolge auf zwei Schlachthöfe in Rumänien als mögliche Quelle des Pferdefleischs hin. Ein von einigen britischen Politikern gefordertes Moratorium auf Fleischimporte aus der EU lehnte Paterson am Montag im Gespräch mit dem Sender BBC ab, da dies unter EU-Regeln nicht erlaubt sei.

An die britischen Verbraucher gerichtet, betonte der Minister, dass der Verzehr von Fertigkost aus Rindfleisch sicher ist. Auch die Lebensmittelaufsicht FSA geht weiterhin davon aus, dass Fertigkost keine gesundheitliche Gefahren birgt.

Deutschland offenbar nicht betroffen

Deutschland ist nach bisheriger Einschätzung des Bundesverbraucherschutzministeriums nicht vom Skandal um falsch deklarierte Tiefkühlprodukte mit Pferdefleisch betroffen. Es gebe derzeit „keine Hinweise“ darauf, dass solche Produkte auch hierzulande auf den Markt gekommen seien, sagte Ministeriumssprecher Holger Eichele am Montag in Berlin. Es lägen „weder Erkenntnisse der deutschen Länderbehörden noch Hinweise aus anderen EU-Mitgliedstaaten“ vor. Den Skandal um Pferdefleisch in Tiefkühlprodukten bezeichnete Eichele als „krassen Fall von Verbrauchertäuschung“.

Das Verbraucherschutzministerium habe die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer und die Veterinärbehörden der Bundesländer bereits Ende Januar aufgefordert, verstärkt zu prüfen, ob falsch deklarierte Fleischerzeugnisse auch in Deutschland auf den Markt gekommen seien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.