Peta-Sprecher über Geflügelmast: „Im Vergleich glänzt Wiesenhof“

Nach drei Jahren Protest erwägt die Tierschutzorganisation Peta Verhandlungen mit Wiesenhof. Die Kampagne gegen den Fleischproduzenten sei zunächst Zufall gewesen.

Faire Mästung? Bei Enten und Puten ist das unmöglich, sagt Peta-Sprecher Haferbeck. Bild: dpa

taz: Herr Haferbeck, Wiesenhof-Chef Wesjohann hat Peta in einem Spiegel-Interview eingeladen, sich einen Geflügelmastbetrieb anzuschauen. Was, glauben Sie, würden Sie sehen?

Edmund Haferbeck: Man muss bei Wiesenhof unterscheiden zwischen herkömmlichen Betrieben und Biobetrieben, die sehr viel tierfreundlichere Standards haben. Der Konzern würde uns nur auf Letztere, die sogenannten Privathof-Anlangen, führen. Das Bild wäre also nicht katastrophal. Allerdings machen die Biobetriebe auch nur einen Bruchteil der gesamten Wiesenhof-Lieferanten aus. Auf allen anderen Höfen würden wir immer wieder jene Missstände sehen, die wir seit Jahren kritisieren.

Haben Sie solche Betriebe nicht eh schon besucht, auch ohne offizielle Einladung?

Wir haben uns schon einige Betriebe angeschaut, ja. Auch die aus der Privathof-Linie. Abgesehen davon: Ich bin Agrarwissenschaftler mit dem Fachgebiet Tierproduktion. Für mich ist der Missstand kein neues Thema.

Werden Sie das Gesprächsangebot dann überhaupt annehmen?

Natürlich werden wir es annehmen, aber nur mit ganz klaren Forderungen, was die Geschäftspolitik und Ausrichtung von Wiesenhof angeht. Wiesenhof sucht bereits den Dialog mit uns, aber eigentlich sind wir für den Konzern noch immer der Teufel. Das macht die Kommunikation zwischen uns schwierig. Trotzdem: Es wird langsam.

, 55, ist Sprecher der Tierschutzorganisation "People for the Ethical Treatment of Animals" (Peta) in Deutschland.

Peta führt also bald diplomatische Verhandlungen mit einem Fleischproduzenten?

Es ist möglich. Wir sind sehr umgängliche Leute und Wiesenhof steht nicht ganz oben auf unserer schwarzen Liste. Die wahren Schurken sind andere Produzenten. Im Vergleich zu ihnen glänzt Wiesenhof.

Das sind ungewohnte Worte über einen Konzern, den Peta in den vergangenen Jahren massiv kritisiert hat...

Vorweg: Unsere Kampagne nehmen wir nicht zurück. Aber dass es gerade Wiesenhof so stark getroffen hat, war zunächst Zufall. Der Peta-Protest begann, nachdem wir vor knapp drei Jahren massive Missstände auf einem Wiesenhof-Betrieb in Twistringen aufgedeckt hatten. Theoretisch hätte der Hof auch jedem anderen Fleischproduzenten gehören können. Wiesenhofs „Problem“ ist die Größe: Den Konzern beliefern mehr als dreimal so viele Mäster wie etwa Heidemark. Da ist die Trefferquote einfach höher. Bewusst haben wir uns erst auf Wiesenhof konzentriert, als der Konzern die Vorwürfe abgestritten und Peta sogar angegriffen hat.

Sollten Sie nun wirklich Gespräche mit Vertretern der Firma Wiesenhof aufnehmen: Wie werden die Verhandlungen aussehen?

Wiesenhof müsste sich von den Enten und Puten trennen, denn eine tiergerechte Mästung ist in diesen Fällen schlicht nicht möglich. Peta hingegen könnte die Füße etwas stiller halten und auf mehr Zusammenarbeit setzen. Eine Option wäre, Wiesenhof neue Skandalvideos noch vor der Veröffentlichung zu zeigen. Der Konzern könnte sich dann rechtzeitig von den betroffenen Betrieben trennen. Bisher sind das aber nur Überlegungen.

Verteilt Peta irgendwann vielleicht sogar Gütesiegel für Fleischprodukte?

Unsere Organisation macht kein Labeling. Wir lehnen die Agrarindustrie grundsätzlich ab. Ein offizielles Siegel von Peta auf Hähnchen und Co. wird es deswegen nie geben.

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