Pestizide in Deutschland: Weniger Glyphosat verkauft

Der Absatz des Unkrautvernichters ist auf den tiefsten Wert seit 2003 gesunken. In Brasilien bleibt das Ackergift jedoch weiter zugelassen.

Ein Traktor fährt über einen Acker und versprüht hinter sich eine Flüssigkeit

Möglicherweise krebserregend: Pestizidspritze bringt Glyphosat aus Foto: imago

BERLIN taz | Die Chemiebranche hat 2016 in Deutschland so wenig Glyphosat verkauft wie seit 13 Jahren nicht. Zuletzt wurden 3.780 Tonnen des Pestizidwirkstoffs abgesetzt, wie die Bundesregierung nun auf eine Anfrage der FDP-Fraktion antwortete. 2003 waren es laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 3.496 Tonnen gewesen.

Glyphosat ist aber nach wie vor der meistverkaufte Wirkstoff. 2015 stufte ihn die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ ein und widersprach damit mehreren Zulassungsbehörden. Zudem zerstört Glyphosat so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und Insekten.

In Deutschland ist der Absatz von 2014 bis 2016 gesunken, besonders der an private Anwender: um 52 Prozent auf 46 Tonnen.

„Ich vermute, dass auch die intensive Glyphosat-Debatte der letzten Jahre zum gesunkenen Verbrauch beigetragen hat“, sagte Harald Ebner, Gentechnikexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, der taz. „Aber rund 4.000 Tonnen Glyphosat-Absatz pro Jahr sind immer noch bei weitem zu viel.“ Die Bauern könnten das Pestizid zum Beispiel durch mechanische Verfahren, Fruchtwechsel und Mischanbau ersetzen.

Bayer rechnet mit weiteren Klagen

In Brasilien hat ein Bundesgericht den weiteren Einsatz von Glyphosat am Montag für rechtens erklärt. Vor knapp einem Monat hatte ein Gericht ein teilweises Verbot der Chemikalie verfügt. Agrarminister Blairo Maggi feierte die Entscheidung, die einem Antrag seiner Regierung entspricht. Der Großgrundbesitzer ist nicht nur einer der weltweit größten Produzenten von Gentech-Soja, das mit Hilfe von Glyphosat angebaut wird. Eine seiner Firmen vertreibt selbst Pestizide und wird von dem Beschluss profitieren.

Aufgrund von ökologischen Bedenken hatte ein Gericht in erster Instanz entschieden, die Registrierung neuer Glyphosat-Produkte zu stoppen und bestehende Zulassungen ab September aufzuheben. Zudem wurde der Umweltbehörde Anvisa eine Frist gesetzt, sich über die Auswirkungen des flächendeckenden Einsatzes der Chemikalie für Menschen und Umwelt zu äußern.

Auch der Leverkusener Chemiekonzern Bayer, der den Glyphosat-Hersteller Monsanto kürzlich übernahm, begrüßte die Wende als wegweisendes Urteil für eine sichere und ertragreiche Ernte der brasilianischen Bauern: „Glyphosat hilft den Landwirten, Kulturpflanzen mit geringen Beeinträchtigungen für den Boden und einem niedrigeren CO2-Ausstoß anzubauen“.

Der Konzern erklärte am Mittwoch, er rechne mit weiteren Klagen wegen Erkrankungen mutmaßlich durch Glyphosat-haltige Mittel. Bisher gebe es bereits rund 8.700 Fälle. Bayer-Aktien verbilligten sich daraufhin um bis zu 3,6 Prozent auf 76,92 Euro.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.