Perspektiven für den Forschernachwuchs: Wanka will Mentalitätswechsel

Bund und Länder gewähren Jungakademikern 1.000 Professuren und eine Milliarde Euro. Kritiker sagen, der Pakt ändere dennoch wenig.

Darf's ein bisschen mehr sein? Johanna Wanka (CDU) vergibt eine Milliarde Euro an die Forschung Foto: dpa

BERLIN taz | Es soll der Einstieg in den Umstieg sein: Ab 2017 wollen Bund und Länder an deutschen Hochschulen rund 1.000 Stellen für NachwuchsprofessorInnen fördern. Einen entsprechenden Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Bremens Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) am Freitag in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern vorstellen.

Der Pakt soll einen Mentalitätswechsel an deutschen Hochschulen einleiten. Dort sind bisher 90 Prozent der WissenschaftlerInnen, die keine Professur innehaben, auf Basis befristeter Zeitverträge angestellt. Promovierte WissenschaftlerInnen, die eine Professur anstreben, sollen sich künftig auch als ProfessorInnen in spe auf sogenannte Tenure-Track-Stellen bewerben können. Nach mehreren Jahren wird die Probeprofessur evaluiert und – sofern alle vorab vereinbarten Ziele erreicht sind – auf Lebenszeit verbeamtet.

Der Bund finanziert die Tenure-Track-Stellen jährlich mit rund 100 Millionen Euro für zehn Jahre, die Länder sollen anschließend die Finanzierung der unbefristeten Professuren übernehmen.

„Das ist ein weiterer Baustein für gute Arbeit in der Wissenschaft“, lobt die SPD-Berichterstatterin im Bundestag, Simone Raatz, die Einigung. „Aber es muss danach weitergehen.“

Bund soll dauerhaft unbefristete Stellen finanzieren

Ihre Fraktion hatte einen solchen Nachwuchspakt vor einem Jahr angestoßen und ursprünglich neben 1.500 Juniorprofessuren auch Stellen für Daueraufgaben und zusätzliche unbefristete Stellen unterhalb der Professur gefordert. Von diesem Wunschpaket haben sich Bund und Länder nun lediglich auf 1.000 Tenure-Track-Stellen geeinigt. „Besser als nichts“, meint Raatz dennoch.

Heruntergebrochen auf die einzelne Hochschule kommen dort von den 1.000 neuen Stellen im Durchschnitt zwei bis drei an. Wie viele die jeweilige Hochschule tatsächlich für sich in Anspruch nehmen kann, soll über eine Ausschreibung entschieden werden, für die die Unis sich bewerben.

Vertreter von Mittelbauinitiativen sind skeptisch, ob der Pakt die derzeitige Befristungspraxis nachhaltig ändern wird. „Bei 160.000 wissenschaftlichen Mitarbeitern im Mittelbau sind 1.000 Stellen ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Thomas Riemer, Sprecher der Mittelbauinitiative der Universität Leipzig. An der Grundsituation ändere sich nichts. Dafür brauche es ganz neue Personalstrukturen. „Nicht alle, die in der Wissenschaft arbeiten, wollen Professor werden. Gebraucht werden daher andere Stellenkategorien, auf denen die Menschen selbstständig und dauerhaft forschen können.“

Thomas Riemer, Mittelbauinitiative

„Bei 160.000 Mitarbeitern ein Tropfen auf den heißen Stein“

Die Junge Akademie, eine Plattform von Nachwuchswissenschaftlern, lobt den Pakt. Gleichzeitig befürchten die WissenschaftlerInnen, dass aus aktuell unbefristeten Professuren einfach Tenure-Track-Stellen werden. „So würde der Pakt aber nicht zu zusätzlichen Professuren führen“, sagt Akademie-Mitglied Jule Specht. Die Junge Akademie hat daher einen weiteren Vorschlag, den sie am Wochenende veröffentlichen wird. Der Bund soll demnach dauerhaft unbefristete Stellen finanzieren.

„Wenn das Bundesforschungsministerium langfristige Perspektiven für NachwuchswissenschaftlerInnen fördern möchte“, so Specht, „dann könnte es auch langfristig Professuren selbst finanzieren“.

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