Personalwechsel bei Volkswagen: Der Neue als „Kostenkiller“

Der Autokonzern wechselt trotz Rekordergebnissen überraschend die Führungs­spitze aus. Der Börsenkurs steigt, doch das Personalproblem bleibt.

Herbert Diess spricht und gestikuliert, hinter ihm sieht man ein Bild von einem Auto

VW-Markenchef Herbert Diess soll auf Matthias Müller als Vorstandsvorsitzender folgen Foto: reuters

Das Neue

Volkswagen steht vor einem Chefwechsel. VW-Markenchef Herbert Diess solle auf Matthias Müller als Vorstandsvorsitzender folgen, meldeten am Dienstag mehrere Medien. Laut VW geht es um eine „Weiterentwicklung der Führungsstruktur für den Konzern“. Offenbar soll die Entscheidung für Diess am Freitag offiziell werden. Dann tagt der Aufsichtsrat des derzeit weltgrößten Autobauers. Angeblich steht der Schritt im Rahmen eines größeren Konzernumbaus, bei dem es auch um den Börsengang der Lkw-Sparte geht.

Der Kontext

Der Chefwechsel ist überraschend. Der einstige Porsche-Chef Müller war 2015 nach Wolfsburg geholt worden, um die Aufklärung bei der millionenfachen Manipulation von Abgaswerten voranzutreiben und Volkswagen ins Zeitalter der Elektromobilität führen. Der 64-Jährige redete die Verantwortung für Dieselgate klein, sparte, präsentierte neue spritschluckende SUVs – und konkrete Pläne für Elektroautos. Bis 2025 sollen die Konzernmarken mehr als 80 neue elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen, darunter rund 50 reine E-Fahrzeuge und 30 Plug-In-Hybride, die mit Strom und Verbrennungsmotor fahren. Experten halten das für viel zu langsam. Dennoch fuhr VW trotz Dieselgate-Prozessen, den viel kritisierten Affentests und Razzien bei Vorständen und etlichen Firmensitzen 2017 ein Rekordjahr ein: den mit 11,4 Milliarden Euro höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte und weltweit 10,7 Millionen verkauften Fahrzeugen, davon über 4 Millionen in China.

Müllers Vertrag läuft eigentlich noch bis 2020. Öffentlich war er aber erst im März von VW-Großaktionär Niedersachsen gerüffelt worden. In einem Interview hatte der VW-Chef sich gegen eine Gehalts­obergrenze von fünf Millionen Euro pro Jahr für Manager gewandt. So etwas habe es „bereits einmal in Form der DDR“ gegeben. „Komplett abwegig“, nannte dies Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich gleichzeitig „erstaunt“ über die Gehaltszuwächse von VW-Top-Managern. Die Vergütung der Mitglieder des Konzernvorstands stieg 2017 auf rund 50,3 Millionen Euro – ein Viertel mehr als im Jahr zuvor.

Die Reaktionen

Nach Bekanntwerden der Personalie schossen die VW-Aktien um fünf Prozent in die Höhe. Müller habe „VW gut durch stürmische Zeiten gebracht, jetzt ist ein Neuanfang wichtig“, sagte ein Händler. Müller sei „letztlich nur ein Mann für den Übergang“ gewesen. Und er ist nicht der einzige, der seinen Posten räumen muss. In Konzernkreisen heißt es, dass auch Personalchef Martin Blessing gehen muss. Sein Nachfolger soll demnach Gunnar Kilian und damit ein enger Vertrauter von Betriebsratschef Bernd Osterloh werden.

Die Konsequenz

Der künftige Konzernchef Diess ist als „Kostenkiller“ bekannt. Er war im Rahmen der Dieselaffäre von BMW zu VW gewechselt. In seinen gut zwei Jahren wurde die schwächelnde Kernmarke deutlich profitabler. Wahrscheinlich geht der personelle Wechsel bei VW weiter. Müller hatte vor Kurzem gesagt, VW müsse „weiblicher, jünger und internationaler“ werden. Das sei „ein riesiges Problem“ des weltweit agierenden Konzerns.

(mit dpa)

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