Personalmangel in Bremens Parlament: Bürgerschaft spart an sich selbst

Der Protokolldienst der Bürgerschaft hinkt wegen Personalmangels volle neun Monate hinterher. Das gefährdet die Demokratie, sagt die Linke

Ein Gemälde von einem Totenkopf der auf einer Kladde liegt, davor liegt eine Feder.

Manchmal dauert es eben etwas länger mit den Bremer Plenarprotokollen. Stillleben. Foto: Pieter Claesz, 1628

BREMEN taz | Die Bremische Bürgerschaft hat zu wenig Personal. Ein Blick auf die Website des Parlaments verrät, dass die Bürgschaftskanzlei teilweise mit ihren Aufgaben nicht hinterher kommt so für den Protokolldienst. Denn dort, wo sich auf der Website der Bürgerschaft die Mitschriften der Plenarsitzungen finden sollten, ist oft nichts.

Bei 19 von 28 Protokollen seit April 2016 steht nur der Hinweis: „Leider liegt das endgültige Plenarprotokoll für diese Sitzung noch nicht vor. Es wird so schnell wie möglich nachgeliefert. Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Wer sich auf der Internet-Präsenz der Bürgerschaft informiert, bekäme also nicht einmal mit, wenn etwa morgen Bürgermeister Sieling per Fantasie-Dekret einen Einreisestopp für alle Katholiken aus Bayern erließe.

Ein Dreivierteljahr hinkt der Protokolldienst der Bürgerschaft hinterher. Darunter fallen wichtige und tatsächlich relevante Debatten, wie die vom 24. Juni 2016. In der scheiterte das Misstrauensvotum gegen Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Interessierte BürgerInnen müssen mit Videos auf dem Gratis-Portal „Vimeo“ Vorlieb nehmen, wo man sich durch dreieinhalbstündige Videos friemeln muss. Immerhin gibt es Time-Slider zu den Tagesordnungspunkten, ansonsten sind die Videos wenig übersichtlich. Eine Suchfunktion bieten sie nicht.

Das Problem ist auch dabei Bremens Sparkurs. Das sagt zumindest Kristina Vogt von der Linksfraktion: „In der Bürgerschaft waren ganz lange wichtige Stellen nicht besetzt.“ Es sei schon immer ein Problem gewesen, dass die Bürgerschaft zu wenig Personal hatte.

„Es ist ein Unding“

Das beschränke sich nicht auf den Protokolldienst, wie sie sagt: „Wir haben schon Ausschüsse ohne Assistenten gemacht.“ Der Armutsausschuss sei zur Hälfte vorbei gewesen, als endlich ein wissenschaftlicher Assistent eingestellt wurde. „Ich finde fragwürdig, wie das Finanzressort damit umgeht. Mit Kosteneinsparungen gräbt man der parlamentarischen Demokratie das Wasser ab“, sagt Vogt. An den Protokollen könne man sehen, was passiert, wenn zu Unterbesetzungen noch Langzeiterkrankungen hinzu kämen.

Die Bürgerschaftskanzlei kennt das: „Krankheitsbedingte Ausfälle haben uns zu schaffen gemacht“, sagt Ingo Charton aus dem Büro des Präsidenten. „Der Protokolldienst verfügt über vier Vollzeitstellen, aber nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich arbeiten Vollzeit.“ Angesichts der Personalsituation hat sich die Kanzlei durch externe Dienstleister verstärkt.

Kristina Vogt, Fraktion die Linke

„Mit Einsparungen gräbt man der Demokratie das Wasser ab.“

Doch selbst das hat augenscheinlich wenig geholfen: Zwischen April und August gibt es nur drei veröffentlichte Protokolle. Danach fehlt etwa jeder zweiten Plenardebatte eine Mitschrift. Die vorhandenen Protokolle sind vorläufig.

„Wir setzen uns dafür ein, das zu ändern“, sagt Charton. Ziel sei es künftig, „bis zur nächsten Plenarsitzung das voran gegangene Protokoll fertig zu haben.“

Das würde auch die Fraktionen freuen: „Ein Dreivierteljahr später macht ein Protokoll wenig Sinn“, sagt CDU-Sprecherin Rebekka Grupe. Matthias Koch von der SPD sagt: „Wir hoffen, dass die Bürgerschaftsverwaltung zeitnah dazu kommt, dass die Plenarprotokolle wieder verfügbar sind.“ Vogt geht in ihrer Kritik deutlich weiter: „Es ist ein Unding, das demokratische Institutionen unter Finanzierungsvorbehalt stehen“.

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