Parlamentspräsident Abgeordnetenhaus: Showdown bei den Sozialdemokraten

Duell zwischen Ralf Wieland und Iris Spranger: Am Dienstag entscheidet die SPD-Fraktion, wen sie für das Amt des Parlamentspräsidenten ins Rennen schickt.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh Foto: dpa

Nein, öffentlich will sich natürlich niemand äußern. Weder SPD-Fraktionschef Raed Saleh noch der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der vergangene Woche noch bei der Habitat-III-Konferenz in Quito weilte. Dennoch geht es für beide am Dienstag um viel. Wenn die 46 Abgeordneten der SPD um 15 Uhr bei ihrer regulären Fraktionssitzung entscheiden, wer Präsident oder Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses werden soll, geht es auch um den inzwischen offen ausgebrochenen Machtkampf zwischen Müller und Saleh.

Bisher heißt der Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD), und eigentlich gibt es keinen, weder in der SPD noch in anderen Fraktionen, der seine Arbeit nicht schätzt. Doch das hinderte Iris Spranger nicht, ihren Hut in den Ring zu werfen. Die ehemalige Finanzstaatssekretärin und stellvertretende Landesvorsitzende der SPD sagte der taz am 11. Oktober: „Ich werde antreten.“

Als stärkste Fraktion im Berliner Landesparlament hat die SPD das Vorschlagsrecht für das Amt des Parlamentspräsidenten.

Spranger hatte bereits vor fünf Jahren für das Amt kandidiert, war aber mit 21 zu 26 Stimmen gegen Wieland unterlegen. Damals hatte der gerade frisch gekürte Fraktionschef Raed Saleh noch Ralf Wieland unterstützt. Nun heißt es aus seinem Umfeld, dass sich Saleh in die Debatte nicht einmische. Wen die SPD vorschlage, sei allein die Sache der Fraktion.

Hinter den Kulissen wird kräftig mobilisiert

Doch hinter den Kulissen wird, wie in der SPD üblich, kräftig mobilisiert und telefoniert. Zwar heißt es auch im Lager von Michael Müller, dass Sprangers Kandidatur nicht von Saleh eingefädelt worden sei. Dennoch werbe der Fraktionsvorsitzende inzwischen um Stimmen für die 55-jährige. Pikant dabei: Spranger ist mit dem Abgeordneten Jörg Stroedter liiert. Als SPD-Kreisvorsitzender in Reinickendorf gehört er zu den aktivsten Unterstützern von Saleh.

Mit der Nominierung des Parlamentspräsidenten könnte also der Machtkampf zwischen Saleh und Müller in eine neue Runde gehen. Schon unmittelbar nach den Wahlen hatte Saleh dem Regierungschef, ohne ihn beim Namen zu nennen, vorgeworfen, aus der SPD eine „Staatspartei“ gemacht zu haben. Saleh wörtlich: „Klaus Wowereit hat es mit seiner menschlichen Art lange geschafft, diese Kluft zu überbrücken, im letzten Jahr ist uns das nicht gut genug gelungen.“

Die Botschaft lautet: Saleh solle sich nicht allzu sicher sein

Um sein Standing in der Berliner SPD zu unterstreichen, verweist Saleh gern auf sein jüngstes Wahlergebnis. Mit fast 92 Prozent war er am 22. September als Fraktionsvorsitzender bestätigt worden. Die Botschaft: Ohne mich und die Fraktion läuft künftig im rot-rot-grünen Senat gar nichts.

Im Umfeld des Regierenden Bürgermeisters wird dagegen eine ganze andere Rechnung aufgemacht. Man habe bei den Wahlen zum Fraktionsvorstand bewusst keinen Gegenkandidaten zu Saleh aufgestellt, um keine weitere Unruhe in die Partei bringen zu wollen, heißt es. Mit den Abgeordneten Lars Oberg und Burgunde Grosse habe Saleh zudem wichtige Unterstützer verloren. Darüber hinaus seien die neun neuen Abgeordneten nicht automatisch dem Saleh-Lager zuzuordnen. Die Botschaft lautet: Saleh solle sich nicht allzu sicher sein.

Saleh hat mehr zu verlieren als Müller

Am Dienstag jedenfalls hat Saleh mehr zu verlieren als Müller. Macht Iris Spanger das Rennen, kann Saleh zwar von sich behaupten, auf der Seite der Siegerin gestanden zu haben. Doch der Schaden wäre groß. Ohne Not schickte die Fraktion ein anerkanntes Parlamentsoberhaupt in die Wüste. Und ob Spranger dessen Erbe antreten kann, bezweifeln selbst viele Fraktionsmitglieder.

Bleibt es dagegen bei Wieland, muss sich Saleh damit abfinden, in der eigenen Fraktion keine Mehrheit zu haben. Die Drohkulisse gegen Müller wäre zusammengebrochen.

Kein Wunder, dass es in seinem Umfeld heißt, Saleh mische sich in die Debatte nicht ein.

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