Parlamentseröffnung in Libyen: Hoffnung auf einen Neuanfang

In Tobruk tritt erstmals das neue Parlament zusammen. Große Teile der libyschen Bevölkerung hoffen auf ein Ende der Spaltung und der Kämpfe.

Parlamentspräsident Abu Bakr Baira bei der Eröffnungszeremonie am Montag in Tobruk. Bild: reuters

TUNIS taz | Gebannt haben viele Libyer am Montag die erste offizielle Sitzung des neu gewählten Parlaments in Tobruk verfolgt. Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses, wie die neue Volksvertretung heißt, hatte die für ihre Panzerschlachten im Zweiten Weltkrieg berühmt-berüchtigte Hafenstadt gewählt, da in den beiden größten libyschen Städten Bengasi und Tripolis schwere Kämpfe stattfinden.

In dem Hotelkomplex Dar es Salam, in Sichtweite der britischen und deutschen Soldatenfriedhöfe, legten 168 der 184 gewählten Abgeordneten den Eid ab, sich für eine Versöhnung im Land einzusetzen. Die Spaltung in dem vor zwei Jahren landesweit gewählten Nationalkongress hatte zuletzt sogar die ehemaligen revolutionären Bündnispartner in eine Art Bürgerkrieg geführt.

„Ich schaue mir die Zeremonie in Tobruk unter dem Lärm der in meiner Nachbarschaft einschlagenden Granaten ein“, sagt Hythem el Guhl in Tripolis, „aber dass sich unser neues Parlament trotz der Umstände in Tobruk trifft, gibt mir Hoffnung.“ Drei Abgeordnete aus Bengasi und alle Vertreter aus dem islamistisch geprägten Misrata blieben der ersten offiziellen Sitzung allerdings fern.

Tobruk wird von einer Armeeallianz kontrolliert, die in Bengasi gegen Islamisten vorgeht und von Milizen aus Sintan südlich von Tripolis unterstützt wird. Einheiten aus Misrata versuchen seit dem 15. Juli vergeblich, die Sintanis aus der Hauptstadt zu vertreiben. Ob das Repräsentantenhaus stark genug ist, die beiden nun zu Feinden gewordenen Kampfgenossen gegen Gaddafi zu einem Waffenstillstand zu bewegen, scheint mehr als fraglich.

Parlamentspräsident warnt vor Bürgerkrieg

Die Propagandamaschine auf beiden Seiten läuft auf Hochtouren. Misrata TV ruft immer wieder zur „letzten Schlacht“ gegen die „in Tripolis eingefallenen Gaddafi-Anhänger“ auf. Medien in Sintan warnen davor, dass al-Qaida in Misrata die Macht übernommen habe.

Der von dem ehemaligen Kongressabgeordneten Saleh Badi scheinbar gut vorbereitete Überraschungsangriff auf die Sintanis am Flughafen von Tripolis ist zumindest gescheitert. Nichts deutet auf eine bevorstehende Übernahme des Flughafens durch islamistische Milizen hin.

„Das Parlament steht vor der Herkulesaufgabe, die immer weiter gehende Polarisierung zu stoppen, so der Parlamentspräsident Abu Bakr Baira aus Bengasi. „Die Welt sollte uns dabei helfen. Ein Bürgerkrieg in Libyen könnte ganz Nordafrika in Brand setzen.“

Das zuletzt von Islamisten dominierte alte Parlament scheint das anders zu sehen. Dessen Präsident Nouri Abusahmein trommelte die religiös-konservative Pro-Misrata-Fraktion ebenfalls am Montag in Tripolis zu einer eigenen Übergabezeremonie zusammen. Noch ist unklar, ob er das neue Parlament uneingeschränkt anerkennen wird.

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