Opposition in Russland: Die Feinde des Kreml

Eine neue Website mit dem Namen „Verräter“ listet Kritiker von Staatspräsident Wladimir Putin auf, die die Annexion der Krim nicht gutheißen.

Auch auf der Liste der „Verräter“: Der Blogger Andrei Nawalny. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer wissen möchte, wer die wahren Feinde Russlands sind, kann das sofort auf einer neuen website erfahren. „Predateli“ (Verräter, predatel.net) heißt das neue Machwerk, das bislang leider nur auf Russisch verfügbar ist. Im Hintergrund sind Fotos glücklicher Krimbewohner zu sehen, die ob des Anschlußes der Halbinsel an Russland schier ausser sich sind vor Freude. In einem Kreis sind ein Gewehr und ein Schlagstock abgebildet, die sich kreuzen.

Im Vorspann der Seite, die „mit Liebe und Engagement für das Vaterland“ gemacht ist, heißt es: „Wir meinen, dass Russland der Ukraine helfen muss, wo pro-faschistische Politiker an der Macht sind. Wir meinen, dass Russland für die Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine und auf der Krim sorgen muss. Wir meinen, dass diejenigen Staatsbürger Russlands, die unsere Soldaten beleidigen und die Notwendigkeit eines Kampfes gegen Neonazisten in Zweifel ziehen, Verräter sind. So talentiert diese Jorunalisten, Schriftsteller und Regisseure auch sein mögen."

Es folgt eine Liste mit Dutzenden Namen – darunter der Blogger Alexei Nawalny, der Oppositionspolitiker Boris Nemzow sowie der Sänger Andrei Makarewitsch. Die üblichen Verdächtigen also, die bereits seit geraumer Zeit Russlands Präsidenten Wladimir Putin kritisieren und – wie beispielsweise Nawalny – bereits mehrfach unter fadenscheinigen Vorwürfen vor Gericht standen.

Diese Leute, die auch der Annexion der Krim nichts Positives abzugewinnen vermögen sind – ganz klar – die „fünfte Kolonne“, wie Putin am Dienstag vergangener Woche vor den beiden Kammern des Parlaments ausgeführt hatte. Wenige Tage, nachdem die USA und die Europäische Union wegen der Krim-Krise Sanktionen gegen Russland verhängt hatten, nahm sich auch der Chef der kremltreuen Informationsagentur Rossija Segodnja (Russland heute), Dmitri Kiseljow, noch einmal kompetent der „fünften Kolonne“ an. Die habe die Namen von Leuten, die jetzt auf den Sanktionslisten stünden, an westliche Botschaften übergeben.

Auch Tv-Sender Doschd auf der Liste

Seit kurzen kursiert auch eine weitere Verräter-Liste mit 41 Namen von Personen und Organisationen im Netz, die die ukrainische Protestbewegung unterstützt hatten. Der kremlnahe Analyst Sergej Markow hatte sie auf Facebook gepostet. Hier finden sich unter anderem der russische TV-Doschd, der unlängst abgeschaltet worden war oder das Nachrichtenportal lenta-ru, dessen Chefredakteur Anfang März gefeuert und durch einen Putin-Jünger ersetzt worden war.

2012 war die Definition des Begriffes „Verrat“ durch die Duma ausgeweitet worden. Er umfasst jetzt auch „jegliche Art von Unterstützung eines anderen Staates, die gegen die Sicherheit Russlands gerichtet ist“. Darauf stehen bis zu 20 Jahren Haft. Im März dieses Jahres schlug der Duma-Ageordnete Jewgeni Fjodorow ein Gesetz vor, das „falsche anti-russische Informationen“ unter Strafe stellt.

„Jetzt nach der Rede Putins“, sagt Hugh Willamson von der US-Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch, „kann jeder, der die russische Politik kritisiert, als Verräter behandelt werden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.