Offener Brief an Regensburger Bischof: Ostfrauen und andere Emanzen

Rudolf Voderholzer weiß: Der Feminismus ist verantwortlich für hohe Scheidungsraten. Doch hat er viele Schuldiginnen einfach übersehen.

Trägt oft keine Hose: Rudolf Voderholzer im Regensburger Regen. Bild: imago/epd

Sehr geehrter Herr Voderholzer, Euer Bischöflicher Gnaden,

obwohl wir uns nicht persönlich kennen, möchte ich Ihnen heute gerne danken. Sie sprechen aus, was andere aus Angst vor einem Shitstorm lieber nicht sagen, wohl aber heimlich denken: Dass nämlich der Feminismus und der Genderwahn Schuld an den vielen Scheidungen seien. Und dass Geschlechtsumwandlungen nichts anderes sind als glatter Betrug.

Das zumindest schreibt das Wochenblatt aus Landshut, das sich „Zeitung für alle“ nennt, und damit das Fachblatt für Menschen mit allen möglichen Hintergründen ist, also auch für Katholiken, für Geschiedene, selbst für Feministinnen, Genderforscherinnen und Transgendermenschen.

Sie haben Recht, das mit den vielen Scheidungen – jetzt auch in katholischen Kreisen – ist wirklich nicht schön. Das widerspricht jedweder Moral. Da versprechen sich eine Frau und ein Mann, ein Leben lang zusammen und sich treu zu bleiben. Und dann? Dann wird in der Gegend rumgevögelt und gelogen, dass sich die Kirchenkanzel biegt. Es werden wilde Geheimnisse und sogar Kuckuckskinder gemacht.

Das ist wirklich alles Mist.

Doch die Feministinnen, lieber Herr Bischof, sind nicht die einzigen, die das Abendland zugrunde richten. Da gibt es nämlich auch die berufstätigen Mütter, die dazu beitragen. Die haben Sie in Ihrer Aufzählung der Scheidungswahnschuldigen glattweg vergessen. Die gehören da aber unbedingt mit hinein. Denn wenn Frauen arbeiten gehen, und sei es nur Teilzeit, können sie sich nicht mehr richtig um ihre Familie und ihre Kinder kümmern, sondern schicken die Kleinen in die Kita und in den Hort. Dort treffen die Kleinen womöglich auf eine Erzieherin, die gar keine richtige Erzieherin ist, sondern ein Erzieher – dank einer Geschlechtsumwandlung. Der Wolf im Schafspelz. Wenn das mal kein Betrug ist.

Schuld an der hohen Scheidungszahl sind aber auch die Ostfrauen. Viele würden sich nie freiwillig als Feministin bezeichnen. Trotzdem sind sie mindestens genauso schlimm wie diese ganzen Emanzen. Ostfrauen haben mit Ehe von vornherein nicht viel am Hut, selbst dann nicht, wenn sie Mutter werden. Und sie bestehen darauf, weiterhin Voll- statt Teilzeit zu arbeiten.

Es gibt aber auch Männer, die sich von einer gewissen Schuld am Scheidungswahn nicht freisprechen können: die gegenderten Männer. Sie wickeln ihre Kinder, gehen mit ihnen zum Baby-Yoga und in den Vätertreff. Während sie dem Nachwuchs zu Hause die Flasche geben, ist Mutti arbeiten. Es fällt schwer, aber man muss es so sagen: Elternzeit-Väter treiben die Frauen weg von der Familie und rein in den Job.

Es gibt mittlerweile sogar Männer, die deswegen weniger verdienen als Frauen. Damit müssen Männer erst mal klar kommen. Geld spielt bei Unstimmigkeiten in der Ehe immer eine große Rolle, bei Scheidungen sowieso. Je mehr Geld im Spiel ist, umso größer ist der Stress.

Apropos Stress. Für viel Unruhe an der Geschlechterfront sorgen ebenso all jene Streberinnen, die demnächst die Aufsichtsräte und Vorstände überschwemmen. Die protegieren dann nur noch Frauen, Männer werden total das Nachsehen haben. Aber was noch schlimmer ist: Frauen an der Spitze heiraten gar nicht erst und kriegen auch keine Kinder.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Sonntag. Wirklich schlimm ist, dass immer mehr Einkaufscenter sonntags geöffnet sind. Wer Sonntagvormittag neue Jeans kauft, hat keine Zeit fürs Amen.

Und wer geht am liebsten shoppen? Frauen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.