Österreich will keine Asylbewerber mehr: Mit Intrigen trefflich Politik machen

Mit der Angst vor Fremden werden in Österreich ganz neue Bündnisse gezimmert. Das Innenministerium will Härte demonstrieren.

Noch in einer Koalition: Kanzler Werner Faymann von der SPÖ und sein Vize Reinhold Mitterlehner (sitzend) von der ÖVP. Foto: reuters

WIEN taz | Asylanträge werden bis auf Weiteres nicht mehr behandelt. Ausgenommen sind sogenannte Dublin-Fälle. Das sind Flüchtlinge, die über sichere Drittstaaten eingereist sind und nach dem Dublin-2-Abkommen der EU keinen Anspruch auf Asyl haben.

Mit deren Ausweisung will Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die anderen EU-Staaten unter Druck setzen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Gleichzeitig ist es ein Signal an die Wähler der rechtspopulistischen FPÖ, dass auch die Regierung nicht beabsichtige, Zuwanderung durch die Hintertüre zu akzeptieren.

Der Innenministerin hatten SPÖ und ÖVP in den Bundesländern Steiermark und Burgenland eine Mitschuld an ihrem Wahldesaster vom 31. Mai gegeben. Mit dem Errichten von Zeltlagern für Flüchtlinge habe sie suggeriert, dass Österreich einem Ansturm von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen hilflos gegenüberstehe. Verunsicherte Wähler hätten dann in der Steiermark die vor Überfremdung warnende FPÖ um ein Haar zur stärksten Kraft gemacht.

Da Österreich „Zielland Nummer eins“ geworden sei, hätte sie keine andere Wahl gehabt, verteidigte die Innenministerin ihren Schritt, dessen Verfassungsmäßigkeit noch geprüft wird. Wer einmal einen Asylbescheid in Händen hat, kann auch die Familie nachholen. Dadurch sei Österreich zum „Asyl-Express Europas“ geworden, so Mikl-Leitner am Freitag.

Die Kritik blieb nicht aus. Herbert Langthaler von der Asylkoordination verwies darauf, dass viele Syrer und Iraker in letzter Zeit auf lebensgefährlichen Routen ins Land gekommen seien. Die Anerkennungsquote ist hoch. „Diesen Menschen bis auf Weiteres die Hoffnung zu nehmen, ihre Familie nachzuholen, ist inhuman.“

FPÖ fordert Grenzkontrollen

Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun forderte die Ministerin auf, die Asylfrage an das Justizministerium abzugeben. Der FPÖ ist die Maßnahme zu lasch. Sie fordert temporäre Grenzkontrollen, um die „Asylflut“ gar nicht erst ins Land zu lassen.

Auffallend zurückhaltend reagiert Koalitionspartner SPÖ. Die Sozialdemokraten stecken in einem Dilemma: Einerseits wollen sie sich von den fremdenfeindlichen Parolen der FPÖ und der Law-and-Order-Politik der Innenministerin abgrenzen, andererseits fürchten sie weitere Abwanderung von Wählern Richtung FPÖ, wenn sie in der Asylfrage zu weich wirken.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat schon die Konsequenzen gezogen und die Blauen (die FPÖ) in die Regierung geholt. Das gemeinsame Programm verspricht die Abwehr von Flüchtlingen. In der Steiermark musste die SPÖ trotz höchstem Stimmenanteil den Landeshauptmann an die ÖVP abgeben.

Hinter den Intrigen der ÖVP wird Fraktionschef Reinhold Lopatka vermutet, der seine Rolle als Strippenzieher abstreitet. Er ist neben Seniorenbund-Präsident Andreas Khol der Letzte aus dem Team von Exkanzler Wolfgang Schüssel, der im Jahr 2000 mit der FPÖ paktierte und als Stimmendritter zum Regierungschef wurde.

Ähnliche Kabalen werden auch Lopatka unterstellt. Letzte Woche konnte er zwei Abgeordnete des Teams Stronach abwerben. Damit liegt die ÖVP nur mehr drei Mandate hinter dem größeren Koalitionspartner. Weitere Stronach-Abgeordnete haben ausgesagt, die ÖVP hätte ihnen Angebote gemacht. Dass der ÖVP nur mehr ein Abgeordneter fehlt, um mit der FPÖ eine Mehrheit auf Bundesebene zu schmieden, sorgt in den Medien für heiße Spekulationen und schlaflose Nächte in der SPÖ-Führung

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.