Öffentliche Datenbank für Tierversuche: Fehlende Transparenz

Eine neue Datenbank soll für mehr Transparenz in der Forschung mit Tierversuchen sorgen. Wissenschaftler wollen die Versuche ganz ersetzen.

Eine Labormaus wird für ein medizinisches Experiment vorbereitet. Bild: dpa

BERLIN taz | Hunde, Katzen, Ziegen, Frettchen, Affen – fast drei Millionen Wirbeltiere wurden 2013 in Tierversuchen eingesetzt. Damit ist die Zahl der Versuchstiere das erste Mal seit zehn Jahren leicht zurückgegangen.

Landwirtschaftsminister Christian Schmidt spricht von einer „Trendwende“, der Deutsche Tierschutzbund von „Augenwischerei“: „Hinter jedem Tier steckt ein grausames Einzelschicksal, ein Leben voller Leid und Schmerz“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Ein Umdenken sei dringend notwendig, mehr Geld sollte vor allem in die Entwicklung tierversuchsfreier Forschungsmethoden investiert werden.

Ein Problem sind auch Tests für Arzneimittel: Laut Tierschutzbund müssten neu entwickelte Verfahren langwierige und teure Überprüfungen durchlaufen, um zugelassen zu werden, während die meisten etablierten Tierversuche ohne Zulassungsverfahren einfach irgendwann eingeführt wurden.

Deutschland liegt mit den fast drei Millionen Versuchstieren europaweit auf dem zweiten Platz, hinter Frankreich. Über 73 Prozent dieser Tiere sind Mäuse, gefolgt von Ratten mit ca. 375.000 Tieren und Fischen mit 202.000. Leicht zugenommen hat die Anzahl von transgenen Tieren, so wurde bei fast einem Drittel der Versuchstiere das Erbgut manipuliert. Noch im Jahr 2000 gab es mit 1,825 Millionen deutlich weniger Versuchstiere.

Einer, der Alternativen zu Tierversuchen erforscht, ist der Wissenschaftler Uwe Marx, diesjähriger Preisträger des Tierschutzforschungspreises: „Wir wollen Tierversuche nicht reduzieren, sondern komplett ersetzen“, sagt er bei der Preisverleihung. Zusammen mit seinem Team hat er Chips entwickelt, die die Reaktionen von Haut und Leber imitieren sollen.

Mensch-auf-einem-Chip

Aus menschlichen Zellen werden Miniaturorgane gezüchtet, auf dem Chip werden diese durch einen künstlichen „Blutkreislauf“ verbunden. Die direkte Wirkung von Stoffen sowie deren Stoffwechsel soll so an einem Modell beobachtet werden können, das die Forscher „Mensch-auf-einem-Chip“ nennen.

Die Organe sind dabei 100.000fach verkleinert, trotzdem sollen beispielsweise die Auswirkungen von Chemikalien auf diese Organe vorhergesagt werden können, ohne, dass dabei Tiere leiden müssen. Auch Medikamente könnten mit den Organ-Chips auf ihre Wirksamkeit hin getestet werden.

Marx ist einer von drei Preisträgern in diesem Jahr. Schon zum 33. Mal wurde der Tierschutzforschungspreis verliehen, dabei werden Forscher prämiert, die alternative Methoden zu Tierversuchen erforschen.

Infomationsgehalt ist gering

Wie viele Wirbeltiere zu welchem Zweck in Deutschland getestet werden und welchen Schaden sie dabei voraussichtlich nehmen, kann man seit Anfang Dezember in der Datenbank www.animaltestinfo.de einsehen. „Information schafft Transparenz“, sagt Schmidt bei der Einweihung. „Die Datenbank ist übersichtlich gestaltet, leicht zu handhaben und mit etlichen Suchfunktionen versehen“, lobt Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund die Datenbank.

„Leider ist jedoch der Informationsgehalt der Projektzusammenfassungen sehr gering“, fährt er fort. Die Informationen reichten nicht aus, um sich eine Meinung darüber bilden zu können, ob das genehmigte Tierversuchsprojekt unerlässlich und ethisch vertretbar sei. Außerdem sind die Informationen in der Datenbank anonymisiert, weder ein genauer Zeitraum noch der Ort des Experimentes werden genannt. So könnten sich Interessierte nicht darüber informieren, welche Projekte in ihrer Umgebung stattfinden.

Auch Ergebnisse werden nicht veröffentlicht. Hier wurde „ein Mehr an Transparenz versagt“, kommentiert Tünte. Auch die Möglichkeit, „mit Qualitätskontrollen bereits durchgeführter Tierversuche neue Versuche zu verhindern, wurde nicht genutzt“.

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