Notfallversorgung: Rettungswagen auf Tingeltour

In Hannover müssen Rettungskräfte oft erst nach einem Krankenhaus suchen, das ihre Patienten aufnimmt. Ein Pilotprojekt soll die Abstimmung verbessern.

Müssen oft freie Betten suchen: Rettungskräfte in Hannover. Bild: dpa

HAMBURG taz | Eine Notaufnahme zu finden, die die Patienten im Rettungswagen aufnimmt, ist für Notärzte in Hannover oft nicht einfach. Wenn alle Betten belegt sind, melden die Krankenhäuser ganze Stationen bei der Rettungsleitstelle ab. Krankenwagen fahren dann andere Kliniken an. Das Problem: Gerade alle neurologischen Stationen meldeten sich in den vergangenen Monaten laut Feuerwehr mehrfach gleichzeitig ab. Doch wohin dann mit Notfallpatienten wie Epileptikern?

“Dann müssen wir zwangszuweisen“, sagt der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes in Hannover Andreas Flemming. Die Kliniken sind dazu verpflichtet, Notfälle zu behandeln – auch wenn ihre Stationen überlaufen. Die Rettungswagen fahren in solchen Fällen das nächste Krankenhaus an. „Das führt zu Konflikten“, sagt Flemming. Die Rettungskräfte wollten den Patienten übergeben, aber das Personal in der Klinik sei überlastet. „Die sind nicht abgemeldet, weil sie Kaffee trinken, sondern weil Land unter ist“, sagt Flemming.

Ambulanzen überfordert

Gerade an Feiertagen seien die Notaufnahmen überfüllt, bestätigt Andreas Schwartz, Chefarzt der Neurologie im Nordstadtklinikum. Rund um Weihnachten hätten Haus und Fachärzte nicht gearbeitet und die Patienten seien auf die Krankenhäuser ausgewichen. Dann werde es voll, auch wenn mehr Ärzten und Pflegern eingesetzt seien, sagt Schwartz. Das Problem bestehe auch an normalen Arbeitstagen. Patienten kämen in die Klinik, anstatt zu einem Arzt in der Stadt zu gehen. „In ihrer Not, dass sie monatelang auf Termine warten müssen, sitzen sie dann bei uns.“

Wenn dann trotz Abmeldung auch noch Rettungswagen weitere Patienten brächten, müssten die manchmal zur nächsten Klinik weitergeleitet werden, sagt Schwartz. Für Herzinfarkt und Schlaganfallpatienten gibt es in Hannover jedoch ein eigenes System, damit diese nicht warten müssen.

“Ganz klar ist, nach Hause geschickt wird niemand“, bestätigt Achim Balkhoff von den Diakonischen Diensten, die Krankenhäuser in Hannover betreiben. Für Notfälle würden dann Betten in anderen Stationen gesucht. Wegen des demografischen Wandels sei es sinnvoll, darüber nachzudenken, dass das Land mehr Planbetten in der Neurologie finanziere, findet Balkhoff.

Bessere Kommunikation

Derzeit liege dem Gesundheitsministerium kein Antrag für mehr Betten in der Neurologie vor, sagt Sprecherin Heinke Traeger. Die Landesregierung versucht stattdessen, die Kommunikation in der Notfallversorgung zu verbessern. In der Rettungsleitstelle in Hannover wird gerade ein Pilotprojekt entwickelt, mit dem Details der Abmeldung für alle Kliniken und die Rettungsleitstelle einsehbar werden. Wenn etwa ein Computertomograph für eine bestimmte Zeit gewartet würde, brächten die Rettungsdienste keine Patienten, die diese Behandlung benötigten, erläutert Traeger.

Es sei zudem sinnvoll Patienten mit leichteren Erkrankungen vermehrt an die ärztlichen Bereitschaftsdienste weiterzuleiten, schlägt Detlef Haffke von der Kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen vor.

Notarzt Flemming hofft auf eine schnelle Lösung. Sowohl der Rettungsdienst als auch die Klinikmitarbeiter seien „maximal gefrustet“ – genau wie die Patienten. „Die dürften das alles eigentlich gar nicht mitbekommen.“

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