Nobel geht die Welt zugrunde: Außen hui, innen pfui

Die Pleite des Bremer Park Hotels kam so überraschend nicht – und könnte die Chance für einen Neuanfang mit menschenwürdigen Arbeitsverhältnissen sein

Tolle Lage, tolle Preise, tolles Essen - miese Jobs: Darauf basierte der Erfolg des Parkhotels. Bild: dpa

Am Dienstag lädt die Bremer CDU zum Neujahrsempfang, zu Gast ist Angela Merkel – und natürlich trifft man sich im „Park Hotel Bremen“. Prominenz jeglicher Coleur steigt in dem 5-Sterne-Haus im Bürgerpark ab: Die Fußball-Nationalmannschaft, Robbie Williams, Halle Berry und Tom Hanks. Und nun hat das Hotel Insolvenz angemeldet, „völlig überraschend“ heißt es. Dabei deuten die dortigen Arbeitsbedingen bereits seit Langem auf eine finanzielle Schieflage hin. Und auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) überrascht die Pleite nicht. Sie fordert jetzt die Ablösung der Hotel-Geschäftsführung.

Zum Parkhotel gehören neben dem mondänen Hotelgebäude mit Kuppelbau das Restaurant „Meierei“, das Landhaus „Höpken’s Ruh“ und ein Catering-Service für Großveranstaltungen. Von denen sollen jüngst zwei abgesagt worden seien. Das und eine Umsatzsteuer-Nachzahlung für das Varieté „Palais im Park“ soll der Betreibergesellschaft das Genick gebrochen haben.

„Das Hotel hat schon länger finanzielle Probleme“, sagt Iris Höppner, zuständige NGG-Gewerkschaftssekretärin. „2011 wurde der kompletten Belegschaft das Weihnachtsgeld verweigert – das spricht Bände.“ Und offenbar kalkuliert das Hotel auch bei der Anzahl des Personals knausrig, denn die 160 Angestellten und 35 Auszubildenden schuften für zwei: 60 bis 80 Stunden Arbeit pro Woche sind Regel, nicht Ausnahme, die Freizeit manchmal so kurz, dass sie nicht einmal zum Schlafen reicht: „Es kommt regelmäßig vor“, sagt ein Angestellter, „dass ich nachts um drei Feierabend habe und um sieben schon wieder antreten muss.“

Überstunden werden massenhaft geschoben, aber nicht abgegolten: „Vor Gericht hat eine ehemalige Angestellte durchgesetzt, dass sie fast vier Monate lang frei machen konnte, so viele Überstunden hatte sie“, so Höppner.

„Das Problem ist“, sagt sie, „dass die meisten Angestellten nichts sagen.“ Aus gutem Grund: „Wer seinen Mund aufmacht und tarifliche Leistungen einfordert, der wird gekündigt.“ Das bestätigt ein Angestellter, der deswegen, genauso wie sein Kollege, anonym bleiben möchte: „Ich habe von meinem Jahresurlaub 2012 noch keinen einzigen Tag nehmen dürfen – von Überstunden ganz zu schweigen. Das Personal wird hier verbrannt.“ Selbst wer krank ist, werde nicht in Ruhe gelassen: „Da sagt die Geschäftsleitung: das geht nicht, dass Sie krank sind, wir haben zu viel zu tun.“

All das gilt auch für Azubis, die entgegen der tariflichen Bestimmungen als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt werden – und das für einen Hungerlohn: Im ersten Lehrjahr gibt‘s für Hotelfach-Azubis 515 Euro brutto, das sind keine 400 Euro netto. Im Parkhotel müssen die Lehrlinge nicht nur davon leben, sondern auch ihre Arbeitskleidung bezahlen. Das geht ins Geld, denn vor allem die Veranstaltungen außer Haus haben unterschiedliche Kleidervorschriften.

„Der Service, den das Hotel bietet“, sagt Höppner, „wird auf dem Rücken der Angestellten ausgetragen.“ Und vor allem im vergangenen Jahr scheint‘s schlimmer geworden zu sein: „Da ist die Zahl der Parkhotel-Angestellten, die Rat bei uns suchten, kontinuierlich angestiegen.“ Sie sieht in der Insolvenz des Hauses eine Chance: „Wenn Geschäftsführer Wilhelm Wehrmann geht und ein Investor kommt, der auch die Kosten menschenwürdiger Arbeitsverhältnisse im Blick hat, kann das ein guter Neuanfang sein.“

„Obwohl das Gastrogewerbe prinzipiell hart ist, ist unser Hotel richtiggehend berüchtigt“, sagen die beiden Parkhotel-Mitarbeiter. In die Bürgerschaft sind diese Missstände noch nicht vorgedrungen: „Wir haben erst heute“, so Holger Bruns, Sprecher des Wirtschaftssenators, „erfahren, dass dort arbeitsrechtlich offenbar einiges nicht in Ordnung ist.“ Die Forderungen der NGG in Richtung des Insolvenzverwalters, bei seiner Arbeit auch auf diesen Aspekt zu achten, „begrüßen wir natürlich ausdrücklich.“

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