Neues zur Kita-Finanzierung: Mehr Kinder lohnen sich

Mit einem Bonus-System will Bildungssenatorin Scheers Kita-Träger dazu motivieren, mehr ungenutzte Plätze anzubieten. Gewerkschaft fürchtet „Überbelegung“.

Lehrbuchmäßig: Erzieherin mit Bilderbuch und aufmerksamen Kindern Foto: Britta Pedersen/dpa

Wer in Berlin weniger Stress bei der Kitaplatzsuche will, bringt den Nachwuchs am besten taktisch klug im Spätsommer zur Welt; dann nämlich fällt der erste Geburtstag des Kindes mit dem Beginn des neuen Schuljahrs zusammen, wenn die Kitas wieder freie Kapazitäten haben. Wer dagegen im Februar oder März einen Kitaplatz sucht, hat ein Problem. Dem will die Senatsbildungsverwaltung jetzt mit einem – Achtung, Wortungetüm! – Platzgewinnungsprogramm beikommen.

Insgesamt 15 Millionen Euro sind für diese Boni in den nächsten beiden Jahren vorgesehen, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (beide SPD).

Auch für Personal- und Sachkosten wie Miete soll es mehr Geld geben. Zudem müssen die Kita-Träger, wie bereits berichtet, bis 2021 nur noch 5 statt wie bisher 7 Prozent ihrer Kosten selbst erwirtschaften. Der Rest sind Landesmittel. Nun sei es entscheidend, sagte Scheeres an die Adresse der Träger, dass diese „die neuen Möglichkeiten“ auch nutzten.

Konkret will man mit dem Bonus-Programm Kita-Trägern für jeden Platz, den sie zwischen dem 1. Januar und dem 31. Juni schaffen, 250 Euro pro Monat zahlen. Ausgeschüttet wird die Belohnung dann jeweils einmalig im August oder September. Hintergrund für diesen neuen Anreiz ist, dass laut Scheeres 9.000 Kita-Plätze in Berlin derzeit von den Trägern nicht angeboten werden – obwohl sie für diese Plätze eine Betriebserlaubnis haben.

Alle vier Jahre verhandelt der Senat mit Kita-Trägern die Rahmenvereinbarung zur Finanzierung. Demnach soll der Kita-Haushalt bis 2021 um 610 Millionen Euro auf 2,2 Milliarden Euro wachsen.

Sachkosten Der Satz für Miet- und Gebäudekosten wird bis 2021 um 10,4 Prozent angehoben. Zu wenig, kritisiert die Gewerkschaft GEW: Das Defizit liege bei 30 Prozent.

Personalkosten Wenn sich künftig der Tariflohn für die ErzieherInnen in den landeseigenen Kitas erhöht, sollen auch die freien Träger mehr Geld für ihr Personal bekommen. Allerdings wird nicht kontrolliert, ob sie die Mittel auch auf die Löhne umlegen. (akl)

„Wenn wir in Berlin den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz auch in Zukunft sicherstellen wollen, müssen wir diese Reserven stärker aktivieren“, sagte Scheeres. Die Gründe für diese ungenutzten Platzreserveren seien etwa der Fachkräftemangel oder „konzeptionelle Gründe“.

Ziel: Mehr QuereinsteigerInnen

Ersteres versucht man seit einiger Zeit mit QuereinsteigerInnen abzufedern, die derzeit rund 14 Prozent der ErzieherInnen ausmachen. Senatorin Scheeres will – oder besser: muss – diesen Anteil erhöhen. Doch viele Kita-Träger scheuten sich bisher, mehr fachfremde ErzieherInnen einzustellen. Die QuereinsteigerInnen bedeuten eine Mehrbelastung für die ausgebildeten Fachkräfte, die sie während der berufsbegleitenden Ausbildung anlernen müssen.

Ab dem kommenden Jahr sollen ein verstärktes Beratungsangebot unwillige Kita-Träger von der ungenutzten Ressource Quereinsteiger überzeugen. Willigen QuereinsteigerInnen auf Ausbildungsplatzssuche soll zudem eine Vermittlungsstelle beim „Praxisplatzmatching“ helfen. Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden wies am Mittwoch darauf hin, dass es für Menschen aus dem Ausland oft sehr mühsam sei, hier eine Berufserlaubnis zu bekommen, man dort aber noch viel Potenzial sehe.

Nicht immer liegt es an fehlenden Fachkräften, wenn Plätze ungenutzt bleiben: „Wir raten unseren Mitgliedern, immer die maximal mögliche Platzzahl bei einer Neugründung anzugeben – und dann zu schauen, welche Belegung in der Praxis noch sinnvoll ist“, sagt Kern. Deutlichere Kritik am neuen Bonus-System kam von der Gewerkschaft GEW: „Wer prüft und sichert die nötige Personalausstattung mit Fachkräften und stellt sicher, dass die Kinder genügend Platz für ihre Bedürfnisse haben?“, fragte die Berliner Landesvorsitzende Doreen Siebernik.

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