Neues Nasa-Weltraumteleskop: „Tess“ bricht zur Suche auf

Das neue Nasa-Weltraumteleskop „Tess“ soll auf die Suche nach neuen Planeten gehen. Sein besonderes Interesse gilt „Roten Zwergen“.

Eine Rakete transportiert das Weltraumteleskop „Tess“

Es war das erste Mal, dass die Nasa die Dienste des Raumfahrtunternehmens SpaceX für eine wissenschaftliche Mission in Anspruch nahm Foto: dpa

CAPE CANAVERAL ap | Millionen Sterne am Himmel bekommen einen neuen Aufseher: Das Weltraumteleskop „Tess“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa ist am Mittwoch (Ortszeit) zu seinem Einsatz gestartet. Das Raumfahrzeug wird rund um die nächstgelegenen und hellsten Sterne nach neuen Planeten suchen. In diesen neuen Welten könnten dann künftige Teleskope nach außerirdischem Leben suchen.

Dabei soll „Tess“ die Galaxie noch gründlicher erforschen als sein Vorgänger „Kepler“. „Wir werden uns jeden einzelnen dieser Sterne anschauen“, erklärt der leitende Wissenschaftler George Ricker vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Experten gehen davon aus, dass das neue Teleskop Tausende sogenannter Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems aufspüren wird.

„Alle Astronomen in den kommenden Jahrhunderten werden sich auf diese Objekte konzentrieren“, sagt Ricker. „Das ist wirklich eine Mission für die Ewigkeit.“ Der Nasa-Direktor für Astrophysik, Paul Hertz, erklärt, Einsätze wie der von „Tess“ würden bei der Beantwortung der Frage helfen, ob die Menschheit allein sei im All – oder nur das Glück habe, über „das beste Luxus-Grundstück in der Galaxie“ zu verfügen.

„Tess“ steht für „Transiting Exoplanet Survey Satellite“ und ist der Nachfolger des überaus erfolgreichen „Kepler“-Weltraumteleskops, des Pioniers der Planetenzählung. Nach inzwischen neunjährigem Flug geht „Kepler“ nun der Treibstoff aus. Die Nasa geht davon aus, dass das Gerät allenfalls noch einige Monate durchhält.

50 Exoplaneten könnten bewohnbar sein

Im Laufe seines Einsatzes hat „Kepler“ allein mehr als 2600 bestätigte Exoplaneten entdeckt. Weitere Kandidaten warten noch auf die Anerkennung. Die Zahl der in den vergangenen Jahrzehnten von sämtlichen Observatorien im All und auf der Erde gezählten extrasolaren Planeten liegt bei mehr als 3700. Weitere 4500 Kandidaten haben gute Chancen.

Etwa 50 Exoplaneten könnten nach Ansicht von Wissenschaftlern möglicherweise bewohnbar sein. Sie verfügen über die notwendige Größe und die richtige Umlaufbahn ihres Sterns, um Oberflächenwasser und – zumindest theoretisch – Leben zu ermöglichen.

Die meisten der von „Kepler“ identifizierten Planeten sind allerdings so weit entfernt, dass für eine nähere Untersuchung riesige Teleskope nötig wären. Deshalb wollen Astronomen den Fokus nun auf deutlich hellere und näher zur Erde gelegene Sterne lenken – damit künftig das geplante Nasa-Teleskop „James Webb“ die Atmosphären umliegender Planeten unter die Lupe nehmen kann. An den Beobachtungen werden sich auch starke Teleskope am Boden beteiligen sowie große Sternwarten, die bisher erst am Reißbrett existieren.

Die Astrophysikerin Sara Seager vom MIT, die sich der Suche nach einer zweiten Erde verschrieben hat, stellt sich bereits Wasserwelten vor, die auf ihre Erforschung warten. Vielleicht seien es heiße Super-Erden mit Seen flüssiger Lava oder felsige oder eisige Planeten mit einer dünnen Atmosphäre ähnlich der Erde, sagt sie. Mit Blick auf jüngste Science-Fiction-Filme betont sie aber zugleich: „Wir sind nicht bei ‚Interstellar‘ oder ‚Arrival‘. Jedenfalls noch nicht.“

Entscheidend ist das Licht der Sterne

Nach dem Start vom Raumfahrtzentrum Cape Canaveral an Bord einer Rakete vom Typ „Falcon 9“ der privaten Raumfahrtfirma SpaceX soll „Tess“ auf eine Umlaufbahn einschwenken, die bis zum Mond reicht. „Das ist ein großes Ding, und darauf sind wir wirklich gespannt“, sagt Ricker. Dabei ist das 337 Millionen Dollar (270 Millionen Euro) teure Raumfahrzeug mit seinen 362 Kilogramm und 1,2 mal 1,5 Metern relativ klein.

Die vier Kameras von „Tess“ werden Rote Zwerge im kosmischen Hinterhof in den Blick nehmen – sie liegen im Durchschnitt zehn Mal näher an der Erde als die von „Kepler“ beobachteten Sterne. Die meisten davon sind laut Ricker 300 bis 500 Lichtjahre entfernt. Ein Lichtjahr entspricht etwa neun Billionen Kilometern.

Rote Zwerge sind die häufigste Sternenklasse und wie ihr Name sagt relativ klein – nicht mehr als halb so groß wie unsere Sonne. Allerdings sind sie auch vergleichsweise kühl. So ist das gefeierte Sternensystem Trappist-1 ein extrem kalter Roter Zwerg und nur etwas größer als der Jupiter. Es wird von mindestens sieben erdähnlichen Planeten umkreist.

Doch wie soll das neue Teleskop in der Umgebung eines dermaßen kleinen, schwach leuchtenden Sterns von soweit weg einen Planeten entdecken? Entscheidend ist das Licht der Sterne: Wenn ein Planet vorbeizieht, verdunkelt es sich kurzzeitig. „Tess“ wird jedes derartige Leuchtzeichen registrieren.

Falls anderes Leben gefunden werden sollte

Das Teleskop wird fast den gesamten Himmel überwachen. Es beginnt mit der Südlichen Hemisphäre im ersten und der Nördlichen im zweiten Jahr. Weitere Jahre der Beobachtung könnten folgen. Nach atmosphärischen oder anderen Lebenszeichen wird „Tess“ nicht Ausschau halten, wie die Nasa und andere betonen, denn dazu ist es technisch nicht in der Lage.

Diese Aufgabe bleibt „Webb“ überlassen, dem Nachfolger des „Hubble“-Teleskops. Seinen Start hat die Nasa bis mindestens 2020 verschoben.

Falls tatsächlich Leben gefunden werden sollte – sei es mikroskopisch oder in einer höheren Form – sollen nach Planung von Wissenschaftlern zur näheren Inspektion Forschungsroboter ins All geschickt werden.

Die entsprechende Technologie dafür existiert aber noch nicht, wie Nasa-Projektmanager Jeff Volosin betont. „Mir würde es schon reichen zu wissen, dass sie da sind“, sagt er über mögliche außerirdische Lebensformen. „Zu wissen, dass wir nicht allein sind.“

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