Neues Atomgesetz: Import-Export für Strahlenmüll

Das von der Bundesregierung vorgelegte neue Atomgesetz soll Endlagerung im Ausland erlauben. Umweltschützer fürchten dabei Tricksereien.

Das neue Atomgesetz würde auch eine grenzüberschreitende Verbringung des Atommülls zulassen. Bild: dapd

BERLIN taz | Bislang ist die Gesetzeslage klar: Wer in Deutschland hochradioaktiven Atommüll besitzt, muss ihn bei einem Endlager im Besitz des Bundes abliefern. Das schreibt das Atomgesetz vor. Doch dieses Exportverbot für den strahlenden Müll steht vor dem Aus: Im neuen Atomgesetz soll ein neuer Paragraf 3a die „Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Endlagerung“ regeln.

Diese Neufassung des Gesetzes wird derzeit im Bundesumweltministerium erarbeitet und wurde den Umweltverbänden über die Jahreswende kurzfristig zur Stellungnahme zugeleitet. Mit der neuen Regelung wäre zum ersten Mal die Tür dafür geöffnet, deutschen Atommüll in einen anderen Staat in ein Endlager zu bringen.

Grund für diese 14. Novelle des Atomgesetzes ist die Richtlinie 2011/70/Euratom, die der Europäische Rat am 19. Juli 2011 beschlossen hat. Darin ist festgelegt, dass „radioaktive Abfälle in dem Mitgliedsland eingelagert werden, in dem sie entstanden sind“ – es sei denn, es gibt ein Abkommen zwischen diesem Staat und anderen Ländern, das Sicherheitsstandards für die Lagerung festlegt und geeignete Anlagen und Programme nachweist.

Diese EU-Richtlinie müssen die Länder bis zum August 2013 umsetzen. Und genau das, erklärte das Bundesumweltministerium gestern, geschehe mit der Neufassung des Atomgesetzes. An einen Export deutschen Atommülls sei dabei nicht gedacht.

Umweltministerium versucht zu beruhigen

„Es bleibt beim Vorrang der Inlands-Endlagerung“, sagte ein Sprecher von Umweltminister Peter Altmaier (CDU). „Der Atommüll aus deutschen Kernkraftwerken wird in Deutschland endgelagert werden.“

Der umstrittene Paragraf 3a sieht vor, dass eine Endlagerung im Ausland nur genehmigt werden darf, wenn es einen gültigen Vertrag mit dem Ausfuhrland über diese Frage gibt.

Außerdem müssten die EU-Normen für die Überwachung und Kontrolle des Atommülls eingehalten werden, und das „Drittland“ müsse über ein geeignetes Programm „für die Entsorgung und Endlagerung“ der Abfälle verfügen, „dessen Ziel ein hohes Sicherheitsniveau“ bedeute.

Für kleine Staaten zu teuer

Hintergrund der EU-Richtlinie ist nach Aussage von Experten vor allem die Überlegung kleinerer Staaten wie Holland, die für die Abfälle ihrer wenigen Atomkraftwerke nicht mit großem Aufwand und viel Geld eigene Endlager bauen wollen.

Doch die Aufnahme einer expliziten Regelung für den Export zur Endlagerung macht die Atomgegner misstrauisch. So moniert etwa die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Vorrang der nationalen Entsorgung, der noch in der EU-Richtlinie stehe, finde sich nicht im deutschen Gesetzentwurf.

Auch hätten deutsche Energiekonzerne dann möglicherweise ein Anrecht darauf, ihren Müll ins Ausland zu schaffen, wenn sie erst einmal alle Kriterien für den Export erfüllt hätten, fürchtet Gerd Rosenkranz, politischer Direktor der DUH und Atomexperte.

Vorrang für nationale Entsorgung

Die Regierung könnte diese Vorwürfe leicht entkräften, indem sie den Vorrang der nationalen Entsorgung einfach ins Gesetz schreibt“, so Rosenkranz.

Einen anderen Verdacht haben die grüne Europa-Abgeordnete Rebecca Harms und Wolfgang Ehmke von der atomkritischen Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: Mit der Drohung des möglichen Exports von Atommüll im Rücken wolle die Bundesregierung die grünen und SPD-Länder unter Druck setzen. Denn im Frühjahr stehen die nächsten Verhandlungen zu einem Kompromiss zur Endlagersuche an.

Für Ehmke schließlich birgt die Regelung auch die Gefahr, dass fremder Atommüll nach Deutschland komme: „Die Endlagerung ist ein lukratives Geschäft“, um das sich auch deutsche Betreiber eines Endlagers bemühen würden.

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