Neue ZDF-Krimiserie „Heldt“: Prüde Pin-up-Fotos

Das ZDF versucht mit der neuen Krimiserie „Heldt“ gegen solariumgebräunte Laiendarsteller auf RTL II zu kämpfen. Und zwar mit Charme und Sexismus.

Gefesselt im Vorabendprogramm: Staatsanwältin und Kommissar in der neuen ZDF-Krimiserie „Heldt“. Bild: dpa

Für das Wort „Vorabend“ gibt es nur zwei logische Fortsetzungen: entweder „Vorabend des Krieges“ oder „Vorabendfernsehprogramm“. Ist beides nicht schön. Ersteres wegen dem, was danach kommt; Letzteres wegen dem, was es ist.

Scripted-Reality-Formate wie „Berlin Tag & Nacht“ auf RTL II beherrschen die Einschaltquoten zwischen 18 und 20 Uhr, vor allem in der sogenannten werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Denn darum geht es: Werbung. Denn Werbung bringt Geld, für ARD und ZDF aber werktags offiziell nur bis 20 Uhr (von aktuellen Skandalen abgesehen), danach dürfen die Öffentlich-Rechtlichen laut Rundfunkstaatsvertrag keine Reklame schalten. Deswegen ist der Vorabend so wichtig.

Im ZDF war daher das Programm lange bestimmt durch rentnergerechte Heimatschnulzen wie „Forsthaus Falkenau“, Arztserien in Groschenheftqualität wie „Herzflimmern“ am Nachmittag oder die Kombination aus beidem in „Der Landarzt“. Von den begehrten 14- bis 49-Jährigen lockte das ZDF damit ungefähr so viele Zuschauer hinter der Playstation hervor wie die ARD mit „Gottschalk live“.

Nun setzt das ZDF auf Krimiserien. Was schon im Spätprogramm mit Koproduktionen aus Skandinavien gut funktioniert, soll jetzt den Vorabend retten. Schon länger kann man jeden Abend einer anderen SOKO zwischen Wismar und Kitzbühel bei der Verbrecherjagd zusehen.

Rasanter und witziger Auftakt

Nun kommt am Donnerstag um 19.25 Uhr eine neue ZDF-Eigenproduktion dazu. Die geht gut los. Eine abgrundtiefe Stimme aus dem Off. „Nüsschen?“, sagt die Stimme, dann schnappt die Falle zu. Der Auftakt der neuen ZDF-Vorabendserie „Heldt“ ist rasant und witzig, hat ein gutes Tempo und schöne Dialoge.

Und Kai Schumann, den Mann zur Stimme. Man muss ihn lieben, den neuen Titelhelden, der einen genauso zu Sprachspielen verführt wie zu Schwärmereien. Und abgesehen von einem Riesenbatzen Großer-Jungen-Charme, den Schumann für die Rolle mitbringt, kann der Mann auch noch richtig spielen.

Dann kommt sie: Janine Kunze in der Rolle der Staatsanwältin Ellen Bannenberg, die dem ungestümen Heldt jetzt die Leviten lesen soll. Problem: Die braungebrannte blonde Staatsanwältin ist ein ehemaliges Pin-up-Model und als solches der heimliche Schwarm sämtlicher Männer im Revier, einschließlich Heldt, was der natürlich, grundanständig wie er ist, anfangs nicht groß raushängen lässt, sondern seine zukünftige Chefin im Gegenteil aus der Bredouille befreit. Somit sind die Verhältnisse von Anfang an klar. Pro forma ist sie der Chef, de facto ist sie seinem Charme und seinem Schutz jedoch komplett ausgeliefert und dadurch unterlegen.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Der Flirt zwischen den beiden ist ein Grundplot der Serie, der häufig mit sendezeitbedingt prüden Pin-up-Fotos der Frau in Großaufnahme garniert wird. Frau Staatsanwältin goutiert die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz lediglich mit feinem Lächeln und einem gnädig gemurmelten: „Männer!“

Es ist traurig, mit was für Geschlechterbildern das ZDF jetzt Quote zu machen versucht. Aber es geht ums Geld. Das und die Jugend entschuldige vieles, da ist die Programmdirektion bestimmt mit der Figur Bannenberg einer Meinung.

Die umkämpfte Zielgruppe schaut eben am liebsten der unüberschaubaren Anzahl solariumgebräunter Laiendarsteller auf RTL II zu, die mit ihren durch Anabolika, Silikon und Bleichmittel bis zu der grotesken Künstlichkeit von Porno-Darstellern optimierten Körpern durch eine WG genannte Fabriketage schlurfen und dabei zetern und heulen bis alle Nerven blank liegen. Mit „Heldt“ hält das ZDF nun dagegen, mit Charme und Sexismus.

„Heldt“, donnerstags, 19.25 Uhr, ZDF
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