Nationalspielerin über Karrierewege: „Ich war meist das einzige Mädchen“

Nationalspielerin Melanie Leupolz erklärt, wie wichtig es ist, möglichst lange mit Jungs zu spielen und doch einen eigenen Stil zu finden.

Melanie Leupholz beim Torschuss in einem Länderspiel.

Schießt aufs Tor: Melanie Leupholz in einem Länderspiel Foto: imago/Sven Simon

taz: Frau Leupolz, mit jedem Spiel bei dieser WM steigt der Bekanntheitsgrad der Nationalspielerinnen. Kaum jemand aber kennt den Karriereweg der meisten Spielerinnen. Sie haben beispielsweise bei den Bambinis des TSV Ratzenried angefangen und dann mit einer Sondergenehmigung bis zur C-Jugend mit den Jungs gespielt. Gibt es da noch Kontakt?

Melanie Leupolz: Den gibt es. Als wir jetzt mit dem FC Bayern Meister geworden sind, habe ich eine kleine Grillparty bei mir im Garten geschmissen, wo viele Jungs von früher waren, mit denen ich mal Fußball gespielt habe. Die verfolgen auch alles, was hier in Kanada passiert. Die sagen mir auch immer, dass ich alles von ihnen gelernt habe … (lacht)

Wie wichtig ist es denn, möglichst lange mit Jungs zusammenzuspielen?

Das bringt einem für den späteren Verlauf der Karriere sehr viel. Man lernt früh, sich durchzusetzen, weil die Jungs einfach kräftiger und schneller sind. Und wenn man körperlich als Mädchen nicht mithalten kann, muss man sich halt schneller entscheiden und das Spiel besser lesen können als die Jungs. Gerade im C- und B-Jugendalter wird das sehr wichtig. Man reift dadurch als Fußballerin schneller.

Waren Sie eine Einzelkämpferin in dem Alter?

Ja, ich war meist das einzige Mädchen. Denn auch im Umkreis von Ratzenried kann ich mich eigentlich an wenige Gegner erinnern, bei denen auch eine mitgespielt hat. In der Mannschaft war ich selbst aber total integriert, die Jungs haben mich oft sogar beschützt, was eigentlich nicht notwendig war. Aber klar: Vom Gegner wurde ich schon mal gefragt, ob ich ein Mädchen oder Junge wäre, denn Mädchen könnten doch kein Fußball spielen …

Wie lange sollten Frauen denn diese Erfahrung machen, wenn Sie auf Ihre Entwicklung schauen?

So lange es geht! Ich empfehle das allen, denn man kann da einfach ganz viel mitnehmen. Ich glaube, es gibt nur bis zur B-Jugend noch eine Ausnahmegenehmigung. Ich musste damals in eine Mädchenmannschaft, weil mein Verein zu wenig Spielerinnen hatte.

Die 21-Jährige aus dem Allgäu spielt im offensiven Mittelfeld der Nationalmannschaft. 2013 wurde sie mit der DFB-Elf Europameister, 2012 U20-Vizemeltmeister. In der Bundesliga kickt sie für den FC Bayern München, den aktuellen deutschen Meister. Die 1,73 Meter große und 59 kg schwere Athletin vor vorher beim SC Freiburg unter Vertrag.

Sie haben im Alter von 14 Jahren dann ein Angebot von Turbine Potsdam abgelehnt.

Wir hatten mit unserer Schule in Wangen bei „Jugend trainiert für Olympia“ gegen die Sportschule Potsdam gespielt, und da bin ich wohl aufgefallen. Sie haben dann gesagt, ich sollte mal zu einem Probetraining kommen, aber ich bin lieber zum SC Freiburg gewechselt und habe diese Entscheidung nicht bereut.

Haben Sie beim SC Freiburg noch häufig gegen Männer gespielt?

Unser Bundesliga-Team hat damals regelmäßig Testspiele gegen andere männliche Nachwuchsmannschaften ausgetragen, aber nie aus dem eigenen Verein.

Die Frauennationalmannschaft absolviert diese Spiele ja auch noch. Ist das nützlich?

Ich finde die super. Wir spielen ja gegen jüngere Jahrgänge von Männer-Spitzenvereinen, aber die sind taktisch und technisch so gut, dass wir unsere beste Leistung abrufen müssen. Bis zur U 17 können wir mittlerweile mit allen mithalten.

Sie spielen jetzt seit einer Saison beim FC Bayern. Dort werden die Männer wie Popstars behandelt. Welcher Bezug besteht da?

Wir hatten ja das Vergnügen, aus dem Trainingslager in der Schweiz mit dem Helikopter zur Meisterfeier nach München zu fliegen. Ich war voller Adrenalin, als wir mit denen zusammen auf dem Balkon standen. Im Alltag haben wir nicht so viel Kontakt, aber da waren sie total offen und nett. Ich bin ja mit Franck Ribéry rausgegangen, das war cool, und ich war ehrlich gesagt überrascht, wie gut Deutsch er konnte. Wir haben uns sogar über den Abstieg des SC Freiburg unterhalten.

Wer ist ihr Vorbild? Ein Fußballer oder eine Fußballerin?

Ich habe gar kein richtiges Vorbild. Klar schaue ich hin, was Lionel Messi auf dem Platz macht oder wie sich Bastian Schweinsteiger auf seiner Position verhält, aber ich versuche im Frauenfußball meinen Weg zu gehen und nicht andere nachzumachen.

Stören Sie eigentlich die ständigen Vergleiche mit den Männern, die mit der WM wieder zugenommen haben?

Ich mache das deshalb nicht so gern, weil es da einfach große Differenzen gibt. Wenn wir uns aber mit anderen Frauensportarten oder anderen Nationen vergleichen, dann geht es uns doch richtig, richtig gut.

Trotzdem hat keine Nationalspielerin nach der Karriere ausgesorgt. Wissen Sie schon, was Sie nach dem Fußball machen?

Ich habe in Freiburg ja mit Volkswirtschaftslehre angefangen, jetzt studiere ich in München an der Bayrischen Akademie für Werbung und Marketing noch Sportmarketing. Beruflich möchte ich später mal ins Marketing einsteigen, das kann gerne auch ein Fußballverein sein. Und ich will später mal eine Familie gründen und ein Haus bauen.

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