Nachruf auf Michael Glawogger: Der Weltgewandte

Der österreichische Filmemacher Michael Glawogger ist überraschend an Malaria verstorben. Besonders seine Dokumentarfilme erregten Aufsehen.

Verstand sich auf die Komödie genauso wie auf das Dokumentieren harter Arbeitsverhältnisse: Michael Glawogger (1959-2014). Bild: dpa

In der österreichischen Filmlandschaft war Michael Glawogger nicht nur einer der umtriebigsten, sondern auch einer der neugierigsten Filmemacher. Kaum war ein Projekt fertiggestellt, brütete er schon über dem nächsten. Sein Alleinstellungsmerkmal war, dass er sich nicht einem Fach, einer Gattung, ja einer stilistischen Richtung zuordnen ließ.

Glawogger drehte Komödien wie „Slumming“ oder „Contact High“, die sich von Einheitsware durch Verve und Aberwitz unterschieden, Spielfilme („Das Vaterspiel“), die auf literarischen Vorlagen basierten, und schließlich stilistisch aufwendige Dokumentarfilme, die bevorzugt in entlegene Zonen dieses Planeten führten. Oder auch in die Nationalbibliothek von St. Petersburg, die er für Wim Wenders’ Dokumentarfilmprojekt „Cathedrals of Cultures“ in 3-D porträtierte. Der Film wurde im Februar auf der Berlinale vorgestellt.

Michael Glawogger wurde 1959 in Graz geboren, wo er auch das Akademische Gymnasium besuchte. Sein Handwerk hat er am San Francisco Art Institute und an der Wiener Filmakademie erlernt und sich längst nicht nur als Regisseur versucht. Für Ulrich Seidl und Michael Sturminger etwa stand er hinter der Kamera, Christof Schertenleib, David Rühm und Wolfram Paulus haben seine Drehbücher verfilmt. Seit 2004 drehte er vorwiegend selbst Filme, und zwar in rascherer Abfolge als die meisten seiner Kollegen.

Internationale Anerkennung hat Glawogger mit seinen Filmessays „Megacities“ (1998) und „Workingman’s Death“ (2005) erlangt. Für Arbeit und Alltag finden diese Filme spektakuläre Bilder – sei es in einem Nachtclub in Mexiko-Stadt, auf dem Gelände eines nigerianischen Schlachthofs oder in einem indonesischen Schwefelbergwerk. Die gelbgrünlichen Schwaden, die die entsprechende Sequenz durchwehen, bleiben noch lange im Gedächtnis.

Mit „Whores’ Glory“ (2011), seinem Triptychon zur Prostitution, das von Thailand über Bangladesch bis nach Mexiko führt, gewann er auf dem Filmfestival von Venedig 2011 den Hauptpreis der Orizzonti-Reihe: ein Film, der seinen Protagonistinnen stets auf Augenhöhe begegnet.

Tragischerweise wird nun sein mit großem Engagement angegangener „Film ohne Namen“, der ihn im Verlauf dieses Jahres quer durch die Welt führen sollte, unvollendet bleiben. Wie jetzt bekannt wurde, ist Michael Glawogger in Liberia an Malaria erkrankt und in der Nacht auf Mittwoch im Alter von 54 Jahren gestorben.

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