Nachruf auf Kofi Annan: Mann der „Millenniumsziele“

Kofi Annan war einer der bedeutendsten UN-Generalsekretäre. Selbst von den USA konnte er sich glaubhaft abgrenzen.

Kofi Annan

Damals noch wegen Syrien aktiv: Kofi Annan im 2012 Foto: Reuters

GENF taz | Unter allen bislang neun Generalsekretären der UNO – den derzeitigen Amtsinhaber Antonio Guterres mit eingeschlossen – war der nun im Alter von 80 Jahren verstorbene Ghanaer Kofi Annan (1997 bis 2006) neben dem Schweden Dag Hammerskjöld (1953 bis 1961) der bedeutendste.

Dabei ließen die Umstände von Annans Wahl durch den Sicherheitsrat im Herbst 1996 eher das Gegenteil erwarten. Denn zuvor hatte die Clinton-Administration in Washington mittels Vetoandrohung nicht nur eine zweite Amtszeit von Annans ägyptischem Vorgänger Boutros Boutros Ghali verhindert, weil der nicht alle Weisungen der USA befolgt hatte. Auch die vier durchaus profilierten Afrikaner, die sich daraufhin um den Generalsekretärsposten bewarben, scheiterten an der Vetodrohung Washingtons.

Erst dann schlug die Clinton-Administration Annan vor, der bis dahin schon 34 Jahre in UNO-Diensten war – zuletzt als Leiter der Abteilung für Peacekeeping-Missionen in der New Yorker Zentrale. Begonnen hatte der 1938 geborene Annan seine UNO-Karriere im Jahr 1962 nach dem Abschluss seines Studiums in Genf als Mitarbeiter der dort ansässigen Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die Umstände seiner Wahl ließen Annan in den Augen vieler Diplomaten und Mitarbeiter bei der UNO zunächst als Büttel der USA erscheinen. Sogar das böse Wort von „Clintons Onkel Tom“ war anfänglich auf den Fluren der UNO-Zentrale in New York zu hören.

Unter dem in der Reagan-Adminisration der achtziger Jahre begonnenen finanziellen Erpressungsdruck der USA, die der UNO zeitweise mehr als 1,7 Milliarden US-Dollar Pflichtbeiträge schuldeten, war Annan in seinen ersten drei Amtsjahren genötigt, den UN-Haushalt und den weltweiten Personalbestand um mehr als zehn Prozent zu kürzen.

Mut während des Irakkrieges

Zugleich erwies sich Annan aber auch als treibende Kraft für wichtige Vorhaben und institutionelle Reformen. Er ließ die „Millenniumsziele zur Halbierung der weltweiten Armut“ erarbeiten, mit denen sich die 193 UN-Mitgliedsstaaten im Jahr 2000 erstmals auf Erfolgsmaßstäbe für die globale Entwicklung einigten. Zudem bündelte er die in verschiedenen Unterorganisationen der UNO verzettele humanitäre Hilfe in einer neu geschaffenen Nothilfekoordination, und unterstützte energisch die Reform der UN-Menschenrechtsinstitutionen.

Die Invasion der USA und Großbritanniens im Irak kritisierte Annan als „illegal“ und „völkerrechtswidrig“.

Ein erster Akt der Emanzipation von Washington gelang Annan, als er im Frühjahr 1999 nach dem von Washington provozierten Rauswurf der UNO-Waffenkontrolleure aus dem Irak durch Saddam Hussein zu Vermittlungsgesprächen mit dem Diktator nach Bagdad reiste. Zwar erbrachten diese Gespräche damals kein konkretes Ergebnis. Sie verhinderten aber – zumindest in der Wahrnehmung vieler UNO-Staaten –, dass die USA schon damals in den Krieg gegen Irak zogen.

Die dann 2003 erfolgte Invasion der USA und Großbritanniens im Irak kritisierte Annan als „illegal“ und „völkerrechtswidrig“. Dass es „der UNO nicht gelungen ist, diesen Krieg zu verhindern“ war für ihn „die schwerste Stunde meiner Amtszeit“.

Von seiner letzten offiziellen UNO-Funktion als Vermittler im Syrienkonflikt trat Annan im August 2012 nach nur fünf Monaten zurück – verbunden mit scharfer Kritik an den Großmächten des Sicherheitsrates, die seine Bemühungen durch fortgesetzte Unterstützung der syrischen Kriegsparteien konterkarrierten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.