Nachruf Ken Adam: Fiktion der Macht

Fantastische Welten und dreidimensionaler Expressionismus prägten seine Arbeit. Nun ist der Filmdesigner Ken Adam gestorben.

Der Filmarchitket Ken Adam steht vor dem Entwurf einer Kommando-Zentrale.

Ken Adam vor einem großen Entwurf seiner machtvollen Räume. Foto: ap

Auch wer seinen Namen nicht gespeichert hat, war schon in seinen Räumen, ach was, Kathedralen der Macht, unterwegs, zumindest mit den Augen. Uniformierte Männer bewegen sich wie ferngesteuert über Rampen und Galerien, Decken sind schräg in einen Berg gerammt und verkantet, Helikopterlandeplätze, Geschosse auf Schienen und Raketen sind nicht ungewöhnlich. Und alles ist ungeheuer sauber.

Die Rede ist von den Kommandozentralen, den unterirdisch verborgenen Techniklabors, die der Filmdesigner Ken Adam für die James-Bond-Filme entworfen hat, von „Dr. No“, 1962, bis „Moonraker“, 1979. Auch der berühmte „War Room“ aus Stanley Kubricks „Dr. Seltsam. Oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ (1964), den Ronald Reagan bei seinem Amtsantritt als US-Präsident 1980 sehen wollte, war eine Idee von Adam. Am Donnerstagabend ist der britische Filmarchitekt Sir Ken Adam im Alter von 95 Jahren in London gestorben.

2014/15 war eine große Ausstellung seiner Entwürfe in Berlin und München zu sehen. Sie war möglich geworden, weil Adam 2012 seinen künstlerischen Nachlass der Deutschen Kinemathek in Berlin übergeben hatte. In einer Videoinstallation sah man ihn mit Zigarette am Zeichentisch, der Rauch verwandelte sich in die Striche der Zeichnung.

Seine fantastischen Welten, dreidimensionaler Expressionismus, waren ja oft auch eine skurrile Überhöhung von Allmachtsfantasien, ein Comic-Universum, das mit der Flucht in die Fiktion auch immer ein wenig selbstironisch umging. Britisch eben, möchte man sagen.

Nähe zur glamourösen Welt

Gut möglich, dass er ein ambivalentes Verhältnis zum eigenen Konsum hatte

Dabei war Adam 1921 in Berlin geboren, Sohn eines Textilkaufmanns, für den unter anderem Mies van der Rohe Entwürfe gezeichnet hatte. Die glamouröse Welt war ihm da schon nahe. Seine jüdische Familie emigrierte 1934 nach London, einige Verwandte, die in Deutschland geblieben waren, haben den Holocaust nicht überlebt.

In London begann Adam Ende der 30er Jahre mit einem Architekturstudium. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ging er zur britischen Luftwaffe und flog Einsätze „gegen die Nazis und Hitler, aber nicht gegen Deutschland“, wie er 2014 in einem Interview mit dem Sender 3sat sagte.

Von den beiden Oscars, die Adam erhielt, galt einer 1976 dem Stanley-Kubrick-Film „Barry Lyndon“. Das war eine visuelle Verführung ganz anderer Art, voll Kerzenlicht, funkelnden Reflexen in Spiegel und Kristall, voll üppiger Perücken und schöner Dekolletés. Ein ungeheuer sinnliches Reich, zweihundert Jahre entfernt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.