Nachdenken über Polizeigewalt: Wer ermittelt gegen Polizisten?

In Bremen überlegen SPD und Grüne, ob künftig ein unabhängiger Polizeibeauftragter den Hinweisen auf gewalttätige Polizisten nachgehen soll.

Kein Fall für den Polizeibeauftragten: Sanfte Räumung einer Sitzblockiererin. Bild: dpa

BREMEN taz | Sollte ein unabhängiger Polizeibeauftragter Hinweisen auf Polizeigewalt nachgehen? Der Bremer Senat findet „eher nicht“, während die Fraktionen von SPD und Grünen darüber nachdenken. „Ich hätte mir vom Senat ein deutlicheres Signal gewünscht“, sagte am Dienstag der grüne Innenpolitiker, Björn Fecker. In einer Antwort auf eine Anfrage von SPD und Grünen in der Bürgerschaft formuliert der Bremer Senat Zweifel daran, dass jemand gegen Polizisten ermitteln könne, ohne polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zudem müsse eine solche Person selbst einschlägige berufliche Erfahrungen haben, heißt es.

„Polizeilicher Sachverstand ist notwendig“, sagt dazu Björn Fecker, aber den hätten auch StaatsanwältInnen. Außerdem wäre der oder die Polizeibeauftragte ein „niedrigschwelliges Angebot“ an BürgerInnen. Er geht davon aus, dass sich viele nicht trauen, bei PolizistInnen einen Kollegen anzuzeigen. „Es gibt den bösen Schein, dass Polizisten nicht gegeneinander ermitteln.“ Auf Dauer sei so ein Bild gefährlich, sagt Fecker. „Das zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat.“

Der Verdacht kommt allerdings nicht von ungefähr. Immer wieder gibt es vor allem in Zusammenhang mit Demonstrationen Berichte über Attacken durch PolizistInnen. Viele werden nicht angezeigt, weil Betroffene die Erfahrung gemacht haben, anschließend selbst von der Polizei angezeigt zu werden. Zum Beispiel wegen Falschbeschuldigung oder selbst begangener Straftaten während des Ereignisses.

Wie selten es zu Verurteilungen und Disziplinarverfahren kommt, zeigt eine aktuelle Auflistung von Fällen aus dem Land Bremen. Im Jahr 2012 gab es 249 Anzeigen gegen MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst, davon 196 gegen PolizistInnen. Im Jahr zuvor waren es 314, darunter 270 PolizistInnen. Von all diesen Verfahren im Jahr 2011 wurden 198 eingestellt. In sieben Fällen kam es zu einem Strafbefehl und in drei zu einer Verurteilung. Noch mehr Verfahren offen sind aus dem Jahr 2012, aber auch hier sind bereits 112 eingestellt worden. Disziplinarverfahren wurden seit dem Jahr 2011 drei eingestellt, die Betroffenen nur gerügt. Vier Fälle sind noch offen.

Dabei ermitteln in Bremen anders als in anderen Bundesländern nicht PolizistInnen gegen PolizistInnen. 2009 lagerte die rot-grüne Landesregierung die internen Ermittlungen an die Innenbehörde aus. Dadurch, schreibt der Senat jetzt in seiner Antwort, sei „ein hohes Maß an Objektivität und Professionalität gewährleistet“.

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