Nach der Wahl in Argentinien: Proteste gegen Macri

Eine Woche nach dem Amtsantritt erlebt der konservative Präsident Mauricio Macri erste Proteste. Gründe dafür gibt es mehrere.

Zwei ältere Männer stehen zwischen anderen Menschen auf der Straße.

„Devaluation ist verrückt“, findet einer der zwei Männer, die vor dem Kongress in Buenos Aires protestieren. Foto: ap

BUENOS AIRES taz | Argentiniens neuer Präsident Mauricio Macri hat seine erste Gegendemonstration erlebt. Nur eine Woche nach seiner Amtseinführung zogen am Donnerstag Tausende Menschen vor das Kongressgebäude in der Hauptstadt Buenos Aires und protestierten gegen seine ersten Maßnahmen. Nach Angaben der Veranstalter nahmen rund 20.000 Menschen teil.

Anlass der Kundgebung vor dem Kongress war eigentlich die Verteidigung des unter der Kirchner-Regierung erlassenen fortschrittlichen Mediengesetzes. Macri hatte die staatlichen Fernseh- und Rundfunkkanäle sowie die Nachrichtenagentur Télam dem neu geschaffenen Ministerium für öffentliche Medien unterstellt und ankündigen lassen, dass das Mediengesetz nicht weiter umgesetzt werde. Aber da sie schon einmal auf der Straße waren, richteten sich die Demonstranten auch gegen die anderen bislang verkündeten Maßnahmen der neuen Regierung.

Macri hatte in seiner ersten Woche mächtig Tempo vorgelegt und einige seiner Wahlversprechen eingelöst: Abschaffung der Exportsteuer auf Getreide, Senkung derselben auf Soja, Streichung der Subventionen von Gas und Strom ab Januar, Beschaffung von Dollars über eine geplante Neuverschuldung von 15 Milliarden Dollar, Aufhebung der Devisenbeschränkungen und die Abwertung des Peso um 40 Prozent.

Für heftigen Wirbel sorgte die Ernennung zweier Richter für den Obersten Gerichtshof per Dekret. Dabei werden weniger die neuen Richter, sondern das Verfahren ihrer Ernennung scharf kritisiert. Oberste Richter werden auf Vorschlag des Präsidenten von der Senatskammer per Mehrheitsentscheid bestimmt. Bisher hatten sich daran alle Amtsinhaber seit dem Ende der Diktatur 1983 gehalten.

Außerhalb der Sitzungswochen kann der Präsident jedoch per Dekret freie Posten vorläufig besetzen. Und anstatt eine außerordentliche Sitzung einzuberufen und sich im Senat mit der Mehrheit der Kirchner-Fraktion zu streiten, nutzte Macri die sitzungsfreie Sommerpause. Das brachte ihm nicht nur die wütende Kritik der Senatoren und Abgeordneten im Kongress ein. Auch in den eigenen Reihen gab es Ärger. Schließlich musste der Präsident zurückrudern – und verschob die Ernennung.

Befürchteter Inflationsschub

Die Kundgebung vor dem Kongress, wenngleich vor allem Kirchner-Anhänger auf der Straße waren, war auch Teil der Neuordnung der Kräfte innerhalb des bei den Wahlen unterlegenen Peronismus. Hauptredner Martín Sabbatella, Vorsitzender der Bundesbehörde für audiovisuelle Mediendienste (Afsca), kritisierte eine tiefgreifende Ressourcenumverteilung von unten nach oben. Befürchtet wird zudem ein enormer Inflationsschub und damit ein herber Kaufkraftverlust gerade der unteren Bevölkerungsschichten.

Einen Ausblick auf den im März 2016 anstehenden 40. Jahrestag des Militärputsches bot die Vorsitzende der Madres de Plaza de Mayo. Hebe de Bonafini griff den Präsidenten scharf an: „Zum ersten Mal zieht ein Diktator durch Wahlen in das Regierungshaus ein.“ In Richtung Casa Rosada, des Amtssitzes des Präsidenten, sagt sie: „Dort haben wir einen Feind. Wir müssen uns auf Tausenden Plätzen aufstellen, damit dieser Hurensohn weiß, wer wir sind.“

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