Nach dem gescheiterten Atomabkommen: Iran fährt die Zentrifugen hoch

Teheran glaubt nicht mehr an europäische Unterstützung gegen US-Sanktionen. Das Land will seine Urananreicherung wieder ausweiten.

Ali Akbar Salehi, Chef des iranischen Atomprogramms, im Gespräch mit ausländischen Journalisten in Teheran

Will er die Anreicherung von Uran erhöhen? Ali Akbar Salehi ist Chef des iranischen Atomprogramms Foto: reuters

Iran hat in einem Brief an die Internationale Atombehörde mitgeteilt, dass das Land ab Montag die Anreicherung von Uran erhöhen werde. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA sagte der Sprecher der iranischen Atomorganisation, Behrouz Kamalvandi, seine Behörde werde die Produktionskapazitäten für Uranhexafluorid, das zur Herstellung atomarer Brennelemente verwendet wird, erhöhen und möglicherweise auch die Herstellung von neuen Zentrifugen für Urananreicherung vorantreiben.

Damit scheint der Fall einzutreten, den die europäischen Unterzeichner des Atomabkommens – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – befürchtet haben. Um eine Weiterentwicklung des iranischen Atomprogramms zu verhindern, hatten die EU-Staaten nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen geschlossen ihren Willen bekundet, an dem Abkommen festzuhalten.

Sie erklärten sich sogar dazu bereit, nach Wegen zu suchen, um Iran für Verluste durch neue US-Sanktionen zu entschädigen. Sie hofften ferner durch Verhandlungen mit Teheran über sein Raketenprogramm und seine Rolle in der Region, das Atomabkommen um weitere Punkte zu erweitern und damit den USA und ebenso Israel entgegenzukommen.

Diesem Plan erteilte nun der iranische Revolutionsführer Ali Chamenei eine Absage. „Dieser Traum der Europäer wird sich nie realisieren“, sagte Chamenei am Montag. Er forderte die Atom­organisation auf, „schon ab morgen“ mit der unbegrenzten Urananreicherung zu beginnen. Die Europäer sollten nicht glauben, dass Iran sein Atomprogramm weiterhin zurückfahren werde, während die USA neue Sanktionen gegen das Land verhängen würden.

Chamenei verteidigte auch die Aktivitäten Irans in den Nachbarstaaten. „Unsere Devise lautet: Gerechtigkeit für unterdrückte Nationen wie die Palästinenser“, sagte er. „Darauf sind wir stolz.“ Iran habe in Ländern wie Syrien und Irak den Kampf gegen Terrorgruppen unterstützt.

Merkel verteidigt das Abkommen

Iran hatte nach dem Austritt der USA mehrmals erklärt, es werde an dem Atomabkommen festhalten, solange die darin vorgesehenen wirtschaftlichen Vorteile gewahrt blieben. Diese Vorteile sollten die europäischen Vertragspartner garantieren. Doch dazu waren die Europäer offenbar nicht in der Lage. Bereits kurz nach der Ankündigung der USA, das Atomabkommen zu verlassen, haben große Unternehmen wie Siemens, Air Bus, Total und PSA erklärt, dass sie sich aus dem Geschäft mit Iran zurückziehen würden. Grund ist die Drohung der USA, Unternehmen zu bestrafen, die weiter mit Iran zusammenarbeiten.

Indes bemüht sich der israelische Ministerpräsident, der zu den entschiedensten Gegnern des Atomabkommens gehört, die Europäer für eine gemeinsame Strategie gegen Iran zu gewinnen. Bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin erklärte er, Iran sei nach wie vor bestrebt, Atomwaffen zu bauen, auch um Israel zu zerstören. Zudem versuche das Land in Syrien – „direkt vor unserer Haustür“ – seine militärische Präsenz massiv auszubauen. „Das ist möglich geworden, weil im Rahmen des Abkommens so viel Geld an den Iran gegangen ist.“

Merkel verteidigte erneut das Abkommen, zeigte sich aber zugleich besorgt über die Rolle Irans in der Region. Deutschland werde trotz Meinungsverschiedenheiten bei der Eindämmung Irans eng mit Israel zusammenarbeiten, sagte sie.

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