Nach Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Seehofer wettert gegen Merkel

Politiker der CSU sehen Merkels Regierungspolitik als Ursache des schlechten Wahlausgangs für die Union in Schwerin. Auch aus der SPD kommt Kritik.

Ein Mann guckt zur Seite

Der bayerische Ministerpräsident: Horst Seehofer Foto: dpa

BERLIN dpa | Nach dem Wahldebakel der CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern kommt aus der CSU scharfe Kritik am Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich“, die Menschen wollten „diese Berliner Politik nicht“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer der Süddeutschen Zeitung.

Seine „mehrfache Aufforderung zur Kurskorrektur“ in der Flüchtlingspolitik sei nicht aufgenommen worden, das „desaströse“ Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern sei eine Folge davon. Seehofer forderte eine inhaltlich klare Orientierung: „Steuern, innere Sicherheit, Rente, Zuwanderung – spätestens September, Oktober muss eine Klärung her.“

Bei der Landtagswahl am Sonntag war die CDU nur auf 19 Prozent gekommen und damit erstmals hinter die AfD (20,8 Prozent) zurückgefallen. Ungeachtet des Erfolgs der Rechtspopulisten gab es in der Unionsfraktion am Montagabend aber keine offene Kritik an der Flüchtlingspolitik von CDU-Chefin Merkel. Zwar sei die Stimmung der Abgeordneten gedämpft gewesen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Es habe aber eine ruhige Diskussion und kein „Scherbengericht“ für Merkel gegeben. Fraktionschef Volker Kauder (CDU) habe den Zusammenhalt der Union angemahnt. Merkel nahm an der Sitzung nicht teil, sie war auf der Rückreise vom G20-Gipfel in China.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach sich unterdessen für eine ehrliche und umfassende Analyse des Wahldebakels aus. „Es geht darum zu zeigen: Wir haben verstanden“, sagte Hasselfeldt der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Flüchtlingspolitik sei ein großes Thema gewesen, „aber auch Ventil für viele andere diffuse Ängste“.

Andere Flüchtlingspolitik gefordert

„Aus einem „Wir schaffen das“ sollte eher ein „Wir haben verstanden und wir ändern das“ werden“, sagte der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) in den ARD-Tagesthemen. „Wir brauchen eine Obergrenze (für Flüchtlinge). Wir brauchen eine wirksame Kontrolle, wir müssen endlich wissen, wer sich überhaupt in Deutschland im Land aufhält.“

Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte der Passauer Neuen Presse: „Niemand erwartet, dass die Bundeskanzlerin behauptet, dass wir es nicht schaffen würden, aber es reicht nicht, nur zu sagen, dass sich die massenhafte Zuwanderung des Jahres 2015 nicht wiederholen darf.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, sagte: „Das Wording muss sich ändern. Die Gesamtunion muss deutlich machen, dass sie eine Begrenzung der Zuwanderung will.“

Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, forderte von Merkel Konsequenzen nach der verlorenen Landtagswahl. „Wir brauchen in der Flüchtlingspolitik eine klare Sprache und ein unmissverständliches Signal der Bundesregierung, dass Multikulti ein Auslaufmodell ist“, sagte der JU-Chef der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post.

Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zweifelt gar am Status der CDU als Volkspartei im Nordosten. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte der frühere CDU-Spitzenpolitiker: „Das Selbstverständnis einer Volkspartei hängt nicht allein von Wahlergebnissen ab. Aber es hängt davon ab, ob sie überall in der Gesellschaft vertreten ist. Das ist man mit 19 Prozent natürlich nicht mehr.“

Kritik aus der SPD

Auch vom Koalitionspartner kommt Kritik an Merkel: Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat Zweifel an einer weiteren Kandidatur von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert. „Frau Merkel hat ihren Zenit eindeutig überschritten“, sagte Stegner dem Nachrichtenportal Spiegel Online. „Die Frage ist, ob sie ihre Partei noch hinter sich hat.“ Die Niederlage der CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern bezeichnete der SPD-Vize als „Debakel“ für Merkel.

Seit Monaten wird in der CDU über Merkels Zukunft spekuliert, weil sie nach elf Jahren Kanzlerschaft bisher keine Aussage zu einer Kandidatur bei der Bundestagswahl 2017 gemacht hat. Merkel sagte dazu zuletzt, sie habe sich noch nie festgelegt, wann sie ihre Entscheidung öffentlich machen wolle. CSU-Chef Horst Seehofer ist gegen eine Kandidatur-Debatte zum aktuellen Zeitpunkt. Seinem Willen nach soll erst dann über Personen gesprochen werden, wenn beide Parteien bis zu den Parteitagen im November (CSU) und Dezember (CDU) ihre inhaltlichen Positionen für den Wahlkampf festgelegt haben.

Insbesondere Merkels Flüchtlingspolitik sorgt für massiven Protest in der CSU. Stegner äußerte dazu: „Einige halten inzwischen ja sogar für möglich, dass Frau Merkel die Debatte um ihre Kandidatur mit Herrn Seehofer gar nicht mehr führt.“

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