Nach GDL nun auch EVG: Bahngewerkschaft droht mit Streik

Diesmal ist es nicht die Lokführergewerkschaft GDL, sondern die konkurrierende EVG, die mit Streik droht. Und die Fernbus-Branche freut sich über den Zulauf.

Nein, das ist nicht der Eingang, sondern der Stauraum fürs Gepäck. Bild: dpa

BERLIN rtr | Bei der Bahn könnte es trotz der Annäherung mit der Lokführergewerkschaft GDL bald zu neuen Streiks kommen. Diesmal droht die größere Bahngewerkschaft EVG mit Arbeitsniederlegungen. EVG-Chef Alexander Kirchner warnte im Tagesspiegel am Sonntag vor einer Einigung zwischen Bahn und GDL auf Kosten seiner Organisation. „Es kann nicht die Lösung sein, am Ende zwei Tarifverträge mit unterschiedlichen Inhalten zu haben“, sagte er. „Dann werden wir für unsere Interessen eintreten, notfalls mit einem Arbeitskampf.“

Hintergrund des seit Monaten schwelenden Tarifkonflikts ist die Konkurrenz der beiden Gewerkschaften. Die GDL hatte kürzlich mit einem Streik mehr als drei Tage große Teile des Zugverkehrs lahmgelegt.

Inhaltlich verlangt die GDL kürzere Arbeitszeiten, bessere Schichtpläne sowie fünf Prozent mehr Lohn. Im Kern geht es ihr aber darum, nicht mehr nur für die 20.000 Lokführer zu verhandeln, sondern auch für rund 17.000 Zugbegleiter und Rangierführer. Für diese Berufsgruppe schließt jedoch bislang die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Tarifverträge mit der Bahn. Die GDL spricht umgekehrt der EVG nicht das Recht ab, auch für ihre Mitglieder bei Lokführern und anderen Gruppen Verträge zu schließen.

Die Bahn will konkurrierende Tarifabschlüsse mit zwei Gewerkschaften für dieselbe Beschäftigtengruppe vermeiden. Der Staatskonzern will nach wiederholten Arbeitsniederlegungen der Lokführer und dem längsten Streik in seiner Geschichte am Dienstag und Freitag mit den Gewerkschaften verhandeln.

Ein weiterer Grund für den erbitterten Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL ist die nach Einschätzung der Gewerkschaft zu dünne Personaldecke. Die Folge seien zahlreiche Überstunden und familienunfreundliche Schichtpläne, moniert die GDL.

Die Bahn stockt derzeit ihr Personal auf. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres seien rund 9.500 neue Mitarbeiter eingestellt worden, bestätigte eine Sprecherin der Bahn einen Bericht der Welt am Sonntag. Abzüglich der Abgänge stelle das einen Personalzuwachs von 1.500 Mitarbeitern dar. Auch im kommenden Jahr solle die Belegschaft wachsen. Zudem hat die Bahn dem Bericht zufolge dieses Jahr mit 3.700 Auszubildenden alle vorgesehenen Plätze besetzt und mehr als 2.500 Azubis übernommen.

Fernbus-Branche geht es besser

Knapp zwei Jahre nach dem Start hat sich der Fernbus bei den Reisenden in Deutschland fest etabliert – zuletzt auch dank der Streiks der Lokführer bei der Deutschen Bahn. Allerdings ist der Markt kräftig in Bewegung: Während Marktführer MeinFernbus 2014 erstmals Gewinn machen will, haben kleinere Anbieter ihren Betrieb eingestellt oder kämpfen gegen die drohende Pleite an. Inzwischen hat der ADAC seinen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit der Post bekanntgegeben. Der Omnibusverband BDO warnt die Branche vor diesem Hintergrund vor Jubelsprüngen.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov erklärten im November zwei Drittel der Befragten (67 Prozent), dass für sie eine Reise im Linien-Fernbus als Auto- oder Bahnersatz generell in Frage komme. Es tatsächlich schon mal ausprobiert hatten es aber nur 14 Prozent, vor allem jüngere Leute.

Im April hatten beide Werte zu den gleichen Fragen etwas niedriger gelegen: Für 65 Prozent kam eine Fernbusreise generell in Frage, 12 Prozent hatten es schon einmal versucht.

„Der Fernbus wird erwachsen“, sagte der Sprecher des Omnibusverbandes BDO, Matthias Schröter, am Sonntag in Berlin. „Die Kunden haben sich wegen des GDL-Streiks überzeugen können, wie sicher, sauber und komfortabel Busse sind.“ Statt Jubelsprüngen sollten die Anbieter angesichts der Veränderungen im Markt indes „hart an dem überzeugenden Produkt Bus weiterarbeiten“.

Die großen Anbieter auf dem seit Jahresbeginn 2013 liberalisierten und heiß umkämpften Fernbusmarkt konnten ihren Bekanntheitsgrad in den vergangenen Monaten durch die Bank steigern: ADAC-Postbus von 48 auf 54 Prozent, MeinFernbus von 34 auf 48 Prozent und Flixbus von 26 auf 46 Prozent.

Im ersten Jahr nach der Liberalisierung des Fernlinienbusverkehrs in Deutschland 2013 hat das Statistische Bundesamt 8,2 Millionen Kunden registriert. Auf reinen Inlandsverbindungen habe sich 2013 die Zahl der Passagiere auf 6,7 Millionen mehr als verdreifacht. Der BDO rechnet für 2014 unter anderem wegen des weiter ausgebauten Netzes und steigender Auslastung mit einer nochmaligen Verdoppelung der Kundenzahl.

Der 2011 gegründete Berliner Fernbusanbieter MeinFernbus soll in diesem Jahr erstmals Gewinn machen. „Wir werden in diesem Jahr aller Voraussicht nach schwarze Zahlen schreiben“, sagte Firmengründer Torben Greve der Wirtschaftswoche. Firmensprecher Gregor Hintz bestätigte das am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Konkrete Zahlen könnten aber noch nicht genannt werden. „Alles Weitere sehen wir Anfang des kommenden Jahres“, sagte Hintz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.