NPD-Kommentar: Den rechten Verführern trotzen

Die NPD etabliert sich. Die Strategen in den Führungsetagen der Volksparteien haben noch nicht begriffen, dass sie selbst Teil dieses Problems sind.

In Sachsen hat die NPD in Umfragen die SPD überholt: Das klingt nach einer Sensation, ist aber keine. Es beschreibt einen tristen Prozess, der sich seit mehreren Jahren im Osten der Republik beobachten lässt. Die NPD etabliert sich - und die demokratischen Volksparteien schaffen es nicht, die Erosion an ihrer Basis zu bremsen. Schon bei der Landtagswahl 2004 rangierte die NPD in Sachsen nur 0,6 Prozentpunkte hinter der SPD. Nun hat sich das Verhältnis dort offenbar umgekehrt.

Sachsen ist ein warnendes Exempel. Denn seit ihrem Einzug in den Dresdner Landtag haben die Rechtsextremen allerhand peinliche Schlagzeilen fabriziert. Doch den Demokraten ist es offenbar nicht einmal gelungen, diese Schwäche auszunutzen. Wie aber wollen die Volksparteien das Abdriften der Wählerschaft ins Extreme dort stoppen, wo die Neonazis weit professioneller agieren als im Freistaat?

Die Strategen in den Führungsetagen der Volksparteien scheinen noch immer nicht begriffen zu haben, was ihre Verantwortung ist. Sie sind nicht nur die guten Streiter gegen die bösen Nazis - eine Rolle, in der sie sich verständlicherweise gut gefallen. Sie sind selbst Teil des Problems. Die Neonazis punkten bei jenen Menschen, die nicht mehr glauben, dass sich irgendwer von "denen da oben" für ihre Belange interessiert. Die nicht mehr wissen, wofür die Demokratie eigentlich gut ist.

Das verlorene Vertrauen werden die Demokraten nicht mit markigen Parolen gegen die NPD zurückgewinnen, nicht mit Boykottstrategien in den Parlamenten und schon gar nicht mit dem Ruf nach einem Parteiverbot. Es bringt auch wenig, Geld in Programme gegen rechts zu pumpen, wenn gleichzeitig die demokratischen Parteiverbände in den NPD-Hochburgen als kümmerliche Losertruppen daherkommen.

Wie kann es sein, dass sich die NPD mancherorts schon mit kleinsten Gesten der Bürgernähe beträchtlichen Respekt verschafft? Jemand wie SPD-Chef Kurt Beck, der so viel auf seine Volksnähe hält, sollte die Alarmsignale ernst nehmen - und die Konsequenzen daraus ziehen. Der Anfang ist eigentlich gar nicht schwierig. Denn in einigen Orten dürften die Menschen schon eine Grillwurst von der SPD als eine echte Sensation empfinden.

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Jahrgang 1974, ist Parlamentskorrespondentin der taz. Zuvor hat sie als Reporterin und Inlandsredakteurin für die Zeitung gearbeitet. Sie war Stipendiatin des Netzwerks Recherche und erhielt für ihre Recherchen über Rechtsextremismus unter anderem den Theodor-Wolff-Preis. Schwerpunkte ihrer Berichterstattung sind die Piratenpartei, die CDU und das Thema Innere Sicherheit. Autorin der Sachbücher „Heile Welten. Rechter Alltag in Deutschland“ und „Piratenbraut. Meine Erlebnisse in der wildesten Partei Deutschlands“.

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