Mordprozess gegen Amanda Knox: Freispruch einkassiert

Der Prozess um den Mord an Meredith Kercher wird neu aufgerollt. Der Freispruch gegen Amanda Knox und Raffaele Sollecito wurde verworfen.

Können diese Augen töten? Amanda Knox. Bild: reuters

ROM taz | Der Mordprozess gegen Amanda Knox wird neu aufgerollt. Am Dienstag verwarf das Kassationsgericht in Rom den vor eineinhalb Jahren in Perugia ausgesprochenen Freispruch von Knox und ihrem Mitangeklagten Raffaele Sollecito. Italiens höchster Gerichtshof verfügte einen neuen Prozess um den Mord an der Studentin Meredith Kercher vor dem Appellationsgericht Florenz.

Das Opfer eine Britin, die mutmaßlichen Täter eine US-Amerikanerin, ein Italiener, dazu noch ein Ivorer, alle miteinander junge, schöne Menschen aus dem internationalen Studentenmilieu von Perugia. Der Tatort eine WG, das Verbrechen vermutlich ein Sexualmord, ein bis heute mysteriös gebliebener Tathergang: Der Fall hat alle Ingredienzien, um Schlagzeilen zu machen und Amanda Knox weltweit als „Engel mit den Eisaugen“ bekannt zu machen.

Die 21-jährige Meredith Kercher, die mit Knox und zwei Italienerinnen eine Wohnung teilte, wurde am Morgen des 2. November 2007 mit durchschnittener Kehle in ihrem Zimmer aufgefunden. Amanda Knox machte sich schnell mit widersprüchlichen Aussagen verdächtig. So beschuldigte sie als vermeintlichen Täter einen Kongolesen, in dessen Kneipe sie gelegentlich kellnerte, der daraufhin verhaftet wurde, schnell aber wieder freikam, da er ein wasserdichtes Alibi hatte.

Dagegen ergaben DNA-Spuren zweifelsfrei, dass sich der 20-jährige Ivorer Rudi Guede am Tatort aufgehalten hatte. Guede, der zugab, zum Zeitpunkt der Tat im Haus gewesen zu sein und Schreie gehört zu haben, ansonsten aber eisern schwieg, wurde in einem getrennten Verfahren letztinstanzlich zu 16 Jahren Haft verurteilt.

Doch die Staatsanwaltschaft Perugia ging von einer Gemeinschaftstat Guedes mit Fox und ihrem damaligen Freund Sollecito aus; ihre Anklage gegen das Pärchen stützte sie auf DNA-Spuren am BH des Opfers sowie an einem Messer. Auf dieser Basis wurden die Angeklagten, die ihre Unschuld beteuerten, zunächst in erster Instanz verurteilt; Knox zu 26, Sollecito 25 Jahren Haft.

Rekonstruktion ohne eindeutige Spuren

Das Gericht entwarf, ohne über Zeugenaussagen oder eindeutige Spuren vom Tatort zu verfügen, dennoch eine detaillierte Rekonstruktion der Tat, wonach Guede erst versucht habe, Kercher zu vergewaltigen, und dann Knox zusammen mit Sollecito, mit Messern bewaffnet und erregt durch die Szene, hinzugekommen seien. Am Ende habe Amanda der heftig Widerstand leistenden Meredith die Kehle durchgeschnitten.

Das Berufungsverfahren brachte dann jedoch im Oktober 2011 einen umfassenden Freispruch, gestützt auf von der Verteidigung in Auftrag gegebene DNA-Analysen, die die Gutachten der Anklage erschütterten und eine externe Kontaminierung der Beweisstücke nahelegten. Daraufhin ging die Staatsanwaltschaft ihrerseits vor dem Kassationsgericht in Berufung. Ihr Vertreter äußerte dort am Montag in der Anhörung, das Appellationsgericht in Perugia sei nur zu einem Freispruch gekommen, weil es in dem Fall „komplett die Orientierung verloren“ habe.

Dieser Sicht schloss das Kassationsgericht sich jetzt an. Damit stehen wenigsten zwei weitere Runden in dem spektakulären Verfahren bevor: Zunächst der neue Prozess in Florenz, dann mit größter Sicherheit noch einmal ein Spruch des Kassationsgerichtes.

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