Missbrauch durch BBC-Moderator: Kinderküsse für ein Autogramm

Die BBC arbeitet die Verbrechen von Moderator Jimmy Savile in einer Dokumentation auf. Auch, weil der Sender mit seiner Struktur Savile schützte.

„Jim’ll Fix It“ – Jim wird’s in Ordnung bringen – oder auch nicht. Bild: imago/Photoshot

Er war einer der größten britischen Fernsehstars. Und er war einer der schlimmsten Sexualstraftäter Großbritanniens. Jimmy Savile hat mehr als 500 Kinder und psychisch Kranke missbraucht, sein jüngstes Opfer war zwei Jahre alt. Das hat eine Untersuchung des Kinderschutzbundes ergeben. Die „Panorama“-Sendung der BBC, die die Untersuchung in Auftrag gegeben hatte, zeigte das erschreckende Ergebnis in einer Dokumentation am Montagabend. Zur Rechenschaft kann man Savile nicht mehr ziehen: Er ist 2011 im Alter von 84 Jahren gestorben.

Die Missbrauchsvorwürfe sind schon lange bekannt: Ein Jahr nach Saviles Tod hatten erstmals mehrere Frauen öffentlich über den Missbrauch gesprochen. Die BBC verhinderte, dass eine entsprechenden Dokumentation im eigenen Sender produziert werden konnte – der Sender ITV strahlte die Sendung schließlich aus. Daraufhin mussten mehrere BBC-Angestellte ihre Posten räumen und die BCC kündigte eine umfassende Aufklärung an.

Mit seiner Musikshow „Top of the Pops“ und der Kindersendung „Jim’ll Fix It“ (Jim wird’s in Ordnung bringen) wurde Savile vor allem bei Kindern zum Idol. Seine Popularität nutzte er gnadenlos aus: Für Autogramme verlangte er von den Kindern Küsse, und wenn er einen Jungen oder ein Mädchen mit in seinen Wohnwagen auf dem BBC-Gelände nahm, um ihnen das Abzeichen seiner Sendung zu schenken, verging er sich an ihnen.

Die Savile-Opfer sind davon überzeugt, dass es in den 70er und 80er Jahren einen organisierten Pädophilenring bei der BBC gab. Andere Mitarbeiter wie der bekannte Entertainer Rolf Harris sind wegen Kindesmissbrauch angeklagt. Auch bei der Polizei war Saviles Neigung bekannt. Er ist sechs Mal wegen Missbrauchsverdachts verhört worden, das erste Mal 1958. Dennoch konnte er weitere fünf Jahrzehnte lang sein Unwesen treiben, weil es ihm – wohl auch durch Bestechung – immer wieder gelang, die Verdachtsmomente als Diffamierung hinzudrehen.

Schon in den 50ern mehrmals verhört

Savile nutzte seine Kontakte zu hochrangigen Persönlichkeiten. 1988 schlug ihn ein Regierungsbeamter als Chef einer Arbeitsgruppe vor, die eine Krise in der psychiatrischen Hochsicherheitsanstalt Broadmoor in Südengland lösen sollte. Die damalige Gesundheitsministerin Edwina Currie bestätigte die Anstellung von „Dr. Savile“ – ein Ehrendoktortitel, Savile hatte keinerlei Qualifikation für den Job. Aber er war ein Meister der Manipulation.

Die Gewerkschaften hatten einen Boykott von Überstunden in Broadmoor verhängt, doch Savile wusste, dass Teile der Belegschaft ihre Klinikwohnungen untervermietet und bei der Abrechnung der Überstunden geschummelt hatten. Er drohte mit Entlassung, der Gewerkschaftsboykott verlief im Sande.

Savile hatte nicht nur einen Generalschlüssel für Broadmoor, sondern auch eine Wohnung auf dem Klinikgelände. Dort vergewaltigte er die Patientinnen, meist Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren. Eins der Opfer meldete den Fall der Krankenschwester Naomi Stanley. „Ich glaubte ihr“, sagt Stanley, doch als sie ihren Vorgesetzten informierte, drohte er ihr mit Kündigung, sollte sie die Anschuldigungen wiederholen. Einmal brachte Savile eine 14-Jährige mit, die für die Patienten singen sollte. Danach belästigte er sie sexuell.

Für die BBC ist die Sache noch lange nicht ausgestanden. Der Sender hat eine eigene Untersuchung eingeleitet. Sie wird eine Kultur bei der BBC ans Licht bringen, durch die Leute wie Savile geschützt wurden. Das Ergebnis soll im September vorliegen.

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