Minijob-Falle für Frauen: Vom Partner abhängig

Viele Ehefrauen bleiben in Minijobs stecken. Sie schätzen das Risiko fürs Alter oder bei einer Scheidung falsch ein, zeigen Erhebungen. Nur wenige wechseln in die Vollzeit.

Aus dem Putz-Minijob wird selten die Vollzeit-Reinigung. Bild: auslöserin/photocase

BERLIN taz | Minijobs sind für Frauen eine Sackgasse. Aber die meisten Frauen laufen freiwillig dort hinein. Dies geht aus zwei neueren Studien zur geringfügigen Beschäftigung hervor, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums von Kristina Schröder (CDU) und im Auftrag des Arbeitsministers von Nordrhein-Westfalen, Guntram Schneider (SPD), erstellt wurden.

Die Studie aus dem Hause Schröder ist schon seit November auf der Homepage des Ministeriums eingestellt, ohne allerdings explizit mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gegeben worden zu sein, wie sonst bei vielen Erhebungen üblich. Der Grund für das leise Auftreten der Ministerin mag im brisanten Inhalt der 100-seitigen Studie liegen, die den Titel trägt „Frauen im Minijob – Motive und (Fehl)-Anreize für die Aufnahme geringfügiger Beschäftigung im Lebenslauf“.

Aus der Erhebung ergibt sich eindeutig, dass die geringfügige Beschäftigung für die Erwerbsverläufe und die Alterssicherung der Frauen ein hohes Risiko darstellt und nur die wenigsten später wieder den Sprung in eine Vollzeittätigkeit schaffen. Wer einen Minijob ausübt und sonst keine weitere Arbeit hat, ist in der Regel über den Partner krankenversichert und erwirbt keine unabhängigen Rentenansprüche. Dies kann im Falle einer Scheidung das Risiko von Altersarmut erhöhen.

Die Studie beschäftigt sich vor allem mit Frauen, für die der Minijob die einzige Berufstätigkeit war oder ist. Laut der Studie waren 34 Prozent dieser Frauen bereits zehn Jahre oder länger in Minijobs. 55 Prozent übten die geringfügige Beschäftigung schon länger als sechs Jahre aus.

Die Vorstellung, dass die Frauen nur vorübergehend einen Minijob machen und danach wieder auf eine längere Teilzeit oder sogar Vollzeit gehen, stimmt also nicht mit der Wirklichkeit überein. Für mehr als ein Drittel der Frauen in geringfügiger Beschäftigung, die eine qualifizierte Berufsausbildung haben, sei der Minijob zu einer „Dauererwerbsform“ geworden, so die Studie.

Immer stärkerer Klebeeffekt

Im Gastgewerbe etwa wechselten von den befragten Frauen, die früher mal einen Minijob hatten, nur ein gutes Drittel anschließend auf eine Voll- oder Teilzeitstelle von mehr als 20 Stunden. 57 Prozent waren anschließend gar nicht mehr berufstätig. Im Gesundheitswesen gehen etwas mehr Frauen nach der geringfügigen Beschäftigung auf eine Voll- oder Teilzeitstelle, aber immerhin 40 Prozent sind auch hier anschließend nicht mehr berufstätig.

Für die Studie wurden mehr als 2.000 Frauen befragt, von denen etwa die Hälfte einen Minijob ausübte und die andere Hälfte in der Vergangenheit geringfügig beschäftigt war.

Vor allem die trügerische Sicherheit einer Ehe hält Frauen im Minijob. Für Verheiratete seien die kurzfristigen ökonomischen Vorteile der wegfallenden Sozialabgaben und Steuern so offensichtlich und attraktiv, zugleich aber die langfristigen Nachteile in der Alterssicherung so unterschätzt, dass der Minijob zur Dauerbeschäftigungsform und „der Klebeeffekt mit jedem Jahr stärker“ werde, heißt es in der Studie, die Carsten Wippermann vom Delta-Institut für Sozial- und Ökologieforschung erstellte.

Durchschnittslohn von 9,45 Euro

Dass viele Arbeitssuchende nur noch Minijobs finden und keine sozialversicherungspflichtigen Stellen mehr, wird durch die Faktenlage aber kaum bestätigt. Nach einer Erhebung aus Nordrhein-Westfalen, die der NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) am Montag präsentierte, erklärten nur 14 Prozent der geringfügig Beschäftigten, dass sie den Minijob machten, weil sie sonst nicht anderes fänden.

Das Papier aus NRW erstellten Forscher vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) aus Befragungen von MinijobberInnen. Danach bekommen geringfügig Beschäftigte einen durchschnittlichen Stundenlohn von 9,45 Euro. Wer auf dem Bau als Minijobber einspringt, erhält dabei deutlich mehr als ein geringfügig Beschäftigter im Gastgewerbe.

Allerdings verweigern Arbeitgeber den MinijobberInnen oft die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld, obwohl geringfügig Beschäftigte darauf einen Anspruch haben. „Dies ist Gesetzesbruch“, rügte Schneider, der diesbezüglich mehr Überwachung der Betriebe forderte.

Insgesamt gibt es in Deutschland rund 7 Millionen geringfügig Beschäftigte, davon sind 4,6 Millionen Frauen. Von diesen machen 3,1 Millionen nur den Minijob und üben keine weitere Erwerbstätigkeit aus.

Trotz anhaltender Kritik an den Minijobs hatte die Bundesregierung die Verdienstgrenze Anfang dieses Jahres von 400 auf 450 Euro monatlich erhöht.

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