Mietpreisbremse wirkt nicht: Des Altbaus neue Kleider

Hamburgs Mietpreisbremse ist rechtlich unwirksam, entschied das Amtsgericht Altona. Mietervertreter kritisieren, dass sie auch sonst zu wenig bringt.

Das Straßenschild "Schanzenstraße" vor Wohnhäusern

Zu viele Schummel-Neubauten: Das Schanzenviertel können sich nur noch Reiche leisten Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Mieterverein zu Hamburg versteht die Welt nicht mehr. Die Entscheidung des Amtsgerichts Altona vom Donnerstag, die Mietpreisbremse in Hamburg für unwirksam zu erklären, „ist nicht nachvollziehbar“, sagt dessen Vorsitzender Siegmund Chychla. „Wir gehen davon aus, dass das Landgericht Hamburg als Berufungsinstanz die Entscheidung korrigieren wird.“ Ein Mieter, der vom Mieterverein rechtlich unterstützt wurde, hatte seinen Vermieter auf Rückzahlung von 2.100 Euro verklagt, weil die Miete überhöht sei.

Das Amtsgericht aber erklärte die Klage für unzulässig, weil die Rechtsgrundlage, die am 1. Juni 2015 in Hamburg eingeführte Mietpreisbremse, unwirksam sei. Dieser Rechtsverordnung des Senats fehle es an einer nachvollziehbaren und tragfähigen Begründung. Deshalb sei sie „nichtig“.

Markt in ganz Hamburg „angespannt“

Vor zwei Jahren hatte der Senat festgestellt, „dass der Wohnungsmarkt in ganz Hamburg angespannt ist“. Damit lägen die Voraussetzungen für die Mietpreisbremse vor, die für das gesamte Stadtgebiet mit einer Geltungsdauer von fünf Jahren erlassen wurde. Damit wurde festgelegt, dass bei einer Neuvermietung die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf (siehe Kasten). Aus der entsprechenden Senatsdrucksache „ergeben sich die Gründe für die Mietpreisbremse eindeutig“, sagt Chychla.

Seit dem 1. Juli 2015 gilt im gesamten Hamburger Stadtgebiet bei Wiedervermietung die Mietpreisbremse. Der Senat hatte sie als Landesverordnung für zunächst fünf Jahre erlassen.

Bei Mietverträgen, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen werden, sollten Mieter daher prüfen, ob die vereinbarte Miete noch im Rahmen der vorgegebenen Obergrenze liegt.

Der Vermieter darf als zulässige Miete höchstens die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent fordern. Maßgeblich zur Begründung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist in den allermeisten Fällen der Hamburger Mietenspiegel.

So sieht das auch die zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen: „Die Verordnung ist ausreichend begründet worden“, sagt ihr Sprecher Mag­nus-Sebastian Kutz. Zum Altonaer Urteil könne er aber erst Stellung nehmen, wenn das Urteil schriftlich vorliege. Jedenfalls beziehe es sich nur auf den beklagten Einzelfall und sei zudem noch nicht rechtskräftig.

Unabhängig davon sagt Eve Raatschen vom Verein Mieter helfen Mietern: „Die Idee der Mietpreisbremse wird in keinster Weise erfüllt.“. Die Juristin kümmert sich um viele Fälle, in denen Mieter gegen die hohen Preise ihrer Wohnungen angehen.

„Es handelt sich häufig um schöne Altbauten in begehrten Stadtteilen“, sagt Raatschen. Trotz ortsüblicher Mietspiegelwerte um die 9,50 Euro werden oft Mieten um die 18 Euro pro Quadratmeter vereinbart. Besonders betroffen seien beliebte Stadtteile wie das Schanzenviertel oder St. Pauli. „Hier können nur noch reiche Menschen wohnen, oder die Leute müssen sich enorm einschränken, um ihre Wohnung zu bezahlen“, erläutert Raatschen.

Ausnahmen bremsen die Bremse

Grund für die hohen Mieten trotz der vereinbarten Bremse seien diverse Ausnahmeregelungen. „Seit 2015 gilt die Mietpreisbremse nicht mehr für Neubauten“, erklärt Raatschen. Schließlich sollten Vermieter nicht davon abgehalten werden in Neubauwohnungen zu investieren. Diese Regelung werde derzeit auch von Vermietern genutzt, die sanierte Altbauwohnungen anbieten. „Viele Vermieter bauen eine Einbauküche ein, schleifen den Fußboden ab und sagen, das ist ein Neubau“, sagt Raatschen.

Das Hauptproblem sei, dass keine Kriterien dafür existieren, was als Neubau bezeichnet werden darf. Für Raatschen ist die beste Lösung eine Mietpreisbremse ohne Ausnahmen. Denn „ein altes Haus als Neubau zu verkleiden, ihm ein Mäntelchen des Neubaus umzuhängen, war vom Gesetzgeber nicht gemeint“, sagt die Juristin.

Nachbesserungen bei der Mietpreisbremse seien „dringend notwendig“, sagt auch Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Wenn unsauber gearbeitet worden sei, müsse das natürlich korrigiert werden. Zudem aber müsse das Instrument „grundsätzlich verbessert“ werden. Die vielen Ausnahmeregelungen, so sieht das auch Sudmann, „müssen ersatzlos gestrichen werden.“

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