Mieter ohne Wasser in Delmenhorst: Wollepark-Eigentümer verklagt

Jetzt ist auch in den letzten Blocks das Wasser abgestellt. Die Staatsanwaltschaft soll klären, wo das ausstehende Geld kassiert werden kann.

Blick auf Hochhaussiedlung

Würde die Stadt am liebsten abreißen: Gebäude am Wollepark Foto: dpa

BREMEN taz | Seit Montag ist auch das Wasser in den Wohnblocks Wollepark 11 und 12 in Delmenhorst abgestellt. Damit gehen die Stadtwerke, unterstützt von der Stadt, in die höchste Eskalationsstufe. Denn ohne Wasser und Heizgas sind die Wohnungen kaum bewohnbar. Die Diakonie, die versucht, die Mieter zu begleiten, rät deshalb, keine Miete mehr zu bezahlen. Einzelne Eigentümer erscheinen allerdings „persönlich“ an der Tür, um die Miete zu kassieren – da würde das rechtliche Instrument der Mietminderung einen effektiven Polizeischutz erfordern.

Am Montag haben einige Mieter dagegen protestiert, dass sie nun kein Wasser mehr haben, obwohl sie Miete und Nebenkosten immer bezahlt haben – aber es kamen nur zehn Menschen zu dem Protest. Das liegt nicht an den fehlenden Deutschkenntnissen – der Aufruf zum Protest hätte wohl auch auf bulgarisch oder polnisch nicht gefruchtet.

Man muss eher davon ausgehen, dass die Bewohner insgesamt die komplizierte Lage nicht verstehen und zu niemandem Vertrauen haben, vor allem nicht zu Behörden. Die haben sie vor allem als Polizei oder Ordnungskräfte kennengelernt. Das Gesundheitsamt würde einige Wohnungen sofort räumen lassen, wenn es denn hineingelassen würde. So geht es im Grunde niemandem darum, dass die Bewohner dort einigermaßen normal wohnen können.

Die Stadt bietet Notunterkünfte an, in die aber Möbel und größere andere persönliche Dinge nicht mitgenommen werden dürfen. In einem Aufruf der Diakonie war die Delmenhorster Bevölkerung gebeten worden, freie Wohnungen zu melden – nicht mehr als drei Wohnungen wurden angeboten. Die Wollepark-Blocks gelten bei der Polizei als krimineller Brennpunkt und deswegen ist die Bereitschaft zur Hilfe gering.

Für die Stadt Delmenhorst wäre es natürlich am einfachsten, wenn die Bewohner in ihre Heimat zurückgingen oder weiterziehen würden, egal wohin. Eine akzeptable Bleibe in Delmenhorst bietet sie jedenfalls nicht an.

Die Stadtwerke haben derweil Strafanzeige gestellt gegen die Hausverwaltung und „gegen unbekannt“ wegen Veruntreuung und Betrug, weil die Huchtinger Hausverwaltung Mehmet Erdems den Stadtwerken insgesamt 130.000 Euro schulde. Die Stadt geht dabei davon aus, dass die Mieter in den meisten Fällen die Nebenkosten an die Hausverwaltung gezahlt haben.

Aber so genau wissen das nicht einmal die Stadtwerke. Als andere Eigentümer auf einer Versammlung dieser Tage den Versuch machten, eine neue Hausverwaltung einzusetzen, hatte Erdem das mit dem Stimmblock seiner 31 Wohnungen verhindert.

Da jeder Eigentümer persönlich in Höhe seiner Beteiligung haftet, hat es in der Vergangenheit schon Verfahren gegen einzelne Eigentümer gegeben – allerdings nur für die alten Fälle aus dem Jahr 2015, in denen die Stadtwerke ihre Forderungen an die Stadt abgetreten hatten.

Auf Antrag der Stadt beantragte das zuständige Mahngericht in Uelzen Mahnbescheide. Ein kleinerer Teil der ausstehenden rund 80.000 Euro konnte so eingetrieben werden. Sieben solcher Klagen endeten für die Stadt positiv. In zwei Verfahren konnte das Gericht bis heute nicht einmal den Aufenthaltsort der Eigentümer feststellen.

Die Stadtwerke ihrerseits haben bisher von gerichtlichen Schritten abgesehen, da für sie die Sperre von Wasser und Gas unter normalen Umständen schneller zum Ziel führt als ein gerichtliches Verfahren. Im Fall Wollepark allerdings, in dem die Mieter sich nicht zu wehren wissen und den Eigentümern das Schicksal ihrer Mieter egal ist, hat dieses Verfahren bisher nicht gewirkt.

Hinzu kommt natürlich, dass die Stadt die beiden Blocks letztlich nicht in geordnete Verhältnisse bringen, sondern abreißen will – und jede Wertminderung durch den Streit mit den Eigentümern bringt sie diesem Ziel näher.

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