Merkel in Ungarn: Eine Lady besucht Budapest

Anlässlich Merkels Ungarn-Visite kritisiert Amnesty den Druck auf ungarische NGOs. Beim Termin mit Orbán dürfte es auch um die Ukraine gehen.

Kein Traumduo: Merkel und Orbán 2012. Bild: dpa

WIEN taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Montag fünf Stunden in Budapest weilen. Ungarische Medien sind schon im Vorfeld in eine Aufregung versetzt, als würde Gottvater persönlich das auserwählte Volk beehren. Und die Opposition will mit einer Anzahl von Kundgebungen darauf aufmerksam machen, dass nicht alle mit der autoritären Politik von Premier Viktor Orbán einverstanden sind. Orbán selbst freut sich auf den Besuch „einer Lady“, der er nichts abschlagen könne.

CDU und Fidesz gehören beide der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) an, die sich bei kritischen Debatten in Brüssel bisher immer hinter Orbán gestellt hat. Daher wäre es naiv, wollte die Opposition eine Maßregelung für den von ihr beklagten Demokratieabbau einfordern.

Amnesty International (AI) nützt aber den Anlass, um auf bedrängte NGOs aufmerksam zu machen. Merkel müsse „gegenüber Ministerpräsident Orbán für ein Ende der Schikanen gegen zivilgesellschaftliche Gruppen eintreten“, fordert Selmin Caliskan, AI-Generalsekretärin in Deutschland.

In einem am Montag veröffentlichten Bericht dokumentiert AI das politisch motivierte Vorgehen gegen ungarische NGOs. Ein Budapester Bezirksgericht hat zwar letzte Woche Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und politisch motivierte Wirtschaftsprüfungen sowie die Inhaftierung von Mitarbeitern bei Razzien im September für gesetzwidrig erklärt. Doch der politische Druck auf die NGOs hält an.

Orbán mag Putin

Bei ihrem gedrängten Programm wird Merkel einen Ehrendoktorhut entgegennehmen, mit Studenten der deutschsprachigen Andrássy-Universität diskutieren und die große Synagoge besuchen. Bei dem Termin mit Orbán dürfte es vor allem um europäische Energiepolitik und Ungarns Kuschelkurs mit Wladimir Putin gehen. Ungarn hat die Sanktionen gegen Moskau nur widerwillig mitgetragen und bremst Bestrebungen der EU-Mehrheit, die offene Intervention Moskaus aufseiten ukrainischer Separatisten mit zusätzlichen Sanktionen zu bestrafen.

Man kann davon ausgehen, dass sich die Kanzlerin auch für deutsche Unternehmen einsetzen wird, die durch gezielte oder wenig durchdachte Belastungen verärgert werden. Jüngster Anlass für Unmut ist das neue Frachtkontrollsystem EKÁER, das Mehrwertsteuerbetrügereien mittels fiktiver oder falsch deklarierter Straßenfrachten verhindern soll. Doch nach übereinstimmender Meinung von Wirtschaftstreibenden würde dies einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für Unternehmen bedeuten, so dass es als nicht praktikabel erachtet wird.

Viktor Orbán sieht sich selbst als Brückenbauer zwischen Brüssel und Moskau. Zumindest protokollarisch kann er das demnächst unter Beweis stellen. Denn am 17. Februar wird Wladimir Putin in Budapest erwartet.

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