Mehr Mitglieder: Berliner wollen parteiisch sein

Im ersten Halbjahr haben alle Berliner Parteien Mitglieder gewonnen. Besonders stark ist der Zuwachs bei der SPD. Auslöser waren auch Trump und Schulz.

Die SPD freut sich über neue Mitglieder – und über Ballonträgerinnen Foto: dpa

Mehr Berlinerinnen und Berliner bekennen ganz offiziell politisch Farbe: Alle im Parlament vertretenen Parteien konnten sich im ersten Halbjahr 2017 über steigende Mitgliederzahlen freuen, ergab eine Recherche der taz. Am deutlichsten war der Zuwachs bei der SPD. Die Partei hatte in Berlin Ende 2016 insgesamt 17.145 Mitglieder, Ende Juni waren es bereits 18.595. Die FDP legte im ersten Halbjahr von 2.600 auf 2.900 zu, die Grünen auf Landesebene haben erstmals mehr als 6.000 Mitglieder, ein Plus von 337 Unterstützern.

Die Zuwächse sind alles andere als selbstverständlich. Vor allem die großen Parteien verlieren bundesweit seit Jahren Mitstreiter: Die Zahl der Parteimitglieder insgesamt hat sich seit 1990 halbiert, ergab eine Anfang Juli veröffentlichte Studie des Berliner Politikwissenschaftlers Oskar Niedermayer. Eine Ausnahme sind lediglich die Grünen. Allerdings zeigte sich bereits in der Studie, dass sich der Schwund 2016 abschwächte: 2015 sei die Zahl der Parteimitglieder um drei Prozent gesunken, 2016 lag der Rückgang nur noch bei einem Prozent.

„Im November gab es einen Trump-Effekt“, sagte Niedermayer am Freitag der taz. Die Mitgliederzahlen der linken Parteien in Deutschland seien im Zuge der US-Wahl ein wenig angestiegen. Bei der SPD seien von Februar bis April diesen Jahres zudem viele Menschen aufgrund der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz eingetreten. „Der Schulz-Hype ist aber inzwischen deutlich abgeflacht.“

Die rechtsextreme NPD darf bei der Bundestagswahl in Berlin nicht mit einer Landesliste antreten. Wegen eines Formfehlers – einer zu früh erfolgten Vorwahl – verweigerte der Landeswahlausschuss am Freitag der Partei die Zulassung der gesamten Liste. Für die zuletzt in Berlin wenig in Erscheinung getretene NPD ist das ein weiterer Rückschlag. Im Land Berlin steht damit nur eine Rechtsaußenpartei auf dem Wahlzettel: die AfD.

Auch die Partei "Die Violetten" darf nicht antreten: Sie konnte nicht die erforderlichen 2.000 Unterschriften von Unterstützern nachweisen.

Insgesamt wurden vom Wahlausschuss 24 Landeslisten zugelassen. Der Wahlzettel am 24. September wird länger als zuletzt: Bei der Bundestagswahl 2013 stellten 17 Parteien Landeslisten auf, bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Vorjahr waren es 21 Parteien. (taz)

Von einer generellen Trendwende will Niedermayer angesichts der steigenden Zahlen noch nicht sprechen. Es könne sein, dass die außen- und innenpolitischen Entwicklungen zu einer gewissen Repolitisierung geführt hätten. „Die Leute sagen: Wir müssen die Demokratie auch bei uns gegen Rechtspopulismus verteidigen.“ Man müsse allerdings berücksichtigen, dass die politische Mobilisierung in Wahljahren immer größer sei als zu anderen Zeiten, so Niedermayer. „Die Frage ist: Hält das an?“

Die Berliner CDU konnte ihre Zahlen von rund 12.180 im Dezember auf rund 12.220 steigern. Die Linkspartei hatte Ende Dezember 7.507 Mitglieder, Mitte Juli waren es 7.621. Allein 65 BerlinerInnen traten im ersten Halbjahr der Partei in Friedrichshain-Kreuzberg bei. Der Bezirksverband könne „so viele neue Mitglieder begrüßen wie seit vielen Jahren nicht mehr“, freuten sich die Genossen.

Niedermayer weist darauf hin, dass bundesweit die AfD den mit Abstand größten Zulauf hat. Nach Angaben ihres Sprechers hatte die Berliner AfD Mitte Juli 1.236 Mitglieder, fünf Prozent mehr als zu Beginn des Jahres.

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