Mehr Abschiebungen in den USA: Angehalten und abgeschoben

In Texas werden viele Menschen nach Straßenkontrollen abgeschoben. Auch im Rest der USA gehen die Behörden härter gegen Migranten vor.

Ein Mann hält sich neben einem Auto die Hand vors Gesicht

Die Zahl der Abschiebungen in den USA ist gestiegen: Mann bei einer Grenzkontrolle in Texas Foto: ap

BERLIN/MIAMI taz | Alles beginnt mit einer Verkehrskontrolle. Im März wird Ruth Ramirez nach dem sonntäglichen Kirchenbesuch in El Paso, Texas von der Polizei angehalten. Die Scheiben ihres Autos seien zu dunkel getönt, sagt man der 30-Jährigen. Doch schnell dreht sich die Kontrolle um etwas ganz anderes – nämlich Ramirez’ Aufenthaltsstatus. Die Polizisten halten ihren Führerschein für gefälscht und nehmen die vierfache Mutter fest.

Auf der Wache stellen die Beamten fest: Ramirez ist illegal im Land. Zwei Monate lang wird sie in einem texanischen Abschiebegefängnis festgehalten, dann lässt sie sich zur freiwilligen Ausreise überreden. Obwohl Ramirez seit fünfzehn Jahren in den USA lebt und damit die Hälfte ihres Lebens nördlich des Rio Grande verbracht hat, muss sie nun im von Drogengangs beherrschten Ciudad Juarez in Mexiko leben.

Die Schicksale von Ramirez und vielen anderen Migranten, die nach Verkehrskontrollen in Texas abgeschoben wurden, hat das Rechercheportal The Intercept dokumentiert und am Sonntag veröffentlicht. Die Verkehrskontrollen sind jeweils per Video vom Armaturenbrett („Dashcam“) des Polizeiautos dokumentiert, die Journalisten haben die Aufnahmen bei den Behörden angefordert und nun veröffentlicht. Verfolgt man die Verhöre am Straßenrand, drängt sich der Eindruck auf, dass die vermeintlichen Verkehrsverstöße nur als Vorwand dienen, um illegale Einwanderer aufzuspüren.

Bis Oktober 2016 übergab die Polizeibehörde DPS (Department of Public Safety) monatlich durchschnittlich 13 Personen an die Grenzschutzbehörde. Das änderte sich im November 2016. Donald Trump gewann mit einer dezidiert migrationsfeindlichen Agenda die Präsidentschaftswahl – und in Texas wurden immer mehr Verkehrssünder in Abschiebehaft genommen, im Dezember 2016 waren es bereits 40.

Nicht nur in Texas wird nun härter gegen illegale Einwanderer vorgegangen. Vergangene Woche veröffentlichte die Organisation Human Rights Watch einen Bericht zu Abschiebungen seit Beginn der Trump-Präsidentschaft. Seit Trump die Amtsgeschäfte übernahm, sind demnach 42 Prozent mehr (110.568) Menschen im Landesinneren – also nicht bei der illegalen Einreise an der Grenze – festgenommen worden, als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (77.806).

Abgeschoben nach 29 Jahren

Drei Mal so häufig wie zuvor traf es Menschen, die keinerlei Vorstrafen hatten. Die Menschenrechtsorganisation schildert zum Beispiel den Fall Manuel G. Nach 29 Jahren in den USA wurde er wegen eines zu weiträumigen Wendemanövers in seinem Fahrzeug von der Polizei angehalten, festgesetzt und abgeschoben.

Diese Gefahr droht auch Julio Calderón. Der 28-Jährige stammt aus Honduras und engagiert sich in Miami bei der Florida Immigrant Coalition für die Rechte illegaler Einwanderer. „70 Prozent der Abschiebungen kommen wegen Fahrens ohne Führerschein zustande“, gibt Calderón an.

Ohne Papier sei es für Migranten schwer, den Führerschein zu erwerben, der das einzige Ausweisdokument vieler US-Amerikaner darstellt. Seit Donald Trumps Amtsantritt hätten die Kontrollen zugenommen, sagt er. Calderón selbst fährt deshalb kein Auto mehr, um der Polizei keinen Anlass für eine etwaige Kontrolle zu liefern. Doch ein effektiver Schutz gegen Abschiebung ist auch das nicht. Bei Verkehrskontrollen werden auch die Beifahrer befragt.

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